Ökobauern fürchten EU-Kürzungen

Mit der neuen Förderperiode ab 2007 bekommt Brandenburg weniger Geld aus Brüssel. Betroffen ist auch die Prämie für den Ökolandbau. Anbauverbände und Händler kämpfen gemeinsam gegen die Kürzungen. Schließlich boomt Öko im Land

Brandenburg ist in Sachen Öko spitze, gibt aber auch das meiste Geld aus

VON SILKE KOHLMANN

Die ökologische Land- und Ernährungswirtschaft ist in Brandenburg ein Wachstumsmarkt – einer der wenigen. Trotzdem wird Brandenburgs Landwirtschaftsminister Dietmar Woidke (SPD) die Förderung des Ökolandbaus deutlich herunterschrauben.

Bei einem Treffen sind den ökologischen Anbauverbänden Brandenburgs Anfang Mai die Pläne der Landesregierung erstmals vorgelegt worden. Darin ist vorgesehen, die Ökoprämie ab dem nächsten Jahr von 150 Euro auf 100 Euro pro Hektar abzusenken, berichtet Michael Wimmer von der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL). Die Ökoprämie wird an Ökolandwirte für den von ihnen erbrachten Umwelt- und Naturschutz gezahlt.

Aber nicht nur die Prämie wird gekürzt. Andere Leistungen werden gleich ganz gestrichen: Die Förderung einer vielfältigen Fruchtfolge in Höhe von 49 Euro je Hektar soll ebenso wegfallen wie die Ausgleichszulage für Gebiete mit ungünstigen natürlichen und wirtschaftlichen Standortbedingungen. „Damit hätten Ökobauern zwischen 12 und 26 Prozent weniger Fördermittel pro Hektar zur Verfügung als bisher“, rechnet Wimmer vor.

Für viele Brandenburger Bauern geht es um die Existenz. Ökobauern finanzieren ihre Betriebe nämlich nur zur Hälfte über die Erzeugnisse, die andere Hälfte muss durch Fördermittel gedeckt werden. Stefan Palme, der den Bioland-Betrieb Gut Wilmersdorf in der Uckermark betreibt, rechnet vor, was eine Absenkung der Förderung für seinen Betrieb bedeutet: „Im nächsten Jahr werden wir 30.000 Euro weniger haben, im übernächsten noch mal 50.000 Euro.“

Der Grund für die geplanten Kürzungen: Die Europäische Union wird im Förderzeitraum 2007 bis 2013 für die Entwicklung des ländlichen Raums weniger Geld an die ostdeutschen Bundesländer geben, da die Beitrittsländer statistisch gesehen nun ärmer sind. Unter diese Kürzungen fällt auch die Ökoprämie. 20 Prozent geringer als in der vorangegangenen Förderperiode sei das Gesamtbudget, das das Land Brandenburg für die Entwicklung des ländlichen Raums zur Verfügung hat, so Jens-Uwe Schade, Pressesprecher des Landwirtschaftsministeriums in Potsdam. Wie stark die Ökoprämie gekürzt wird, will er nicht sagen: „Wir rechnen noch.“ Er beschwichtigt aber die Anbauverbände: „Das Biothema steht bei uns ganz oben.“

Davon ist Heike Kruspe vom Bioland Landesverband Berlin-Brandenburg nicht überzeugt. Brandenburg hebe seine Spitzenreiterrolle in der ökologischen Landwirtschaft gerne hervor. „Wenn es aber, wie jetzt, um politische Weichenstellungen geht, macht das Land einen Rückzieher.“ Im Vergleich mit anderen Bundesländern plane Brandenburg die massivsten Kürzungen im Bereich Ökolandbau ein. Insgesamt 749 Brandenburger Unternehmen, Erzeuger wie auch weiterverarbeitende und vermarktende Betriebe, seien von den Streichungen betroffen.

Für Wimmer widerspricht die Brandenburger Politik dem derzeitigen Trend zu Bio. „Der Ökolandbau ist eine solide Wachstumsbranche.“ In dieser Situation sei es unsinnig, sich von einer Idee zu verabschieden, „in der man die Poleposition schon innehatte“. Brandenburg ist mit knapp zehn Prozent ökologisch bewirtschafteter Agrarfläche Spitzenreiter in Deutschland. Bisher gibt Brandenburg unter den Bundesländern am meisten für den Ökolandbau aus. Eine gute Investition, meint Wimmer, denn mit dem Berliner Markt haben die Brandenburger Produkte einen großen Abnehmer.

Meinrad Schmitt, Geschäftsführer des Berliner Biogroßhandels Terra, bestätigt den Bedarf an Bioprodukten in Berlin: „Das Wachstum des Marktes ist derzeit größer als das der Betriebe.“ Terra Naturkost beliefert rund 600 Einzelhändler in Berlin und den umliegenden Bundesländern mit Biolebensmitteln – bevorzugt aus Brandenburg. Die reichen aber immer weniger aus, um den Berliner Markt abzudecken. Ausländische Ware müsse hinzugekauft werden.

Konkurrenz entstehe inzwischen auch jenseits der Grenze in Polen, so Schmitt. Dort bekämen Ökobauern derzeit eine Prämie von 135 Euro pro Hektar – bei niedrigeren Ausgaben für Pacht und Löhne. Auch Landwirt Palme fürchtet die Konkurrenz aus dem Osten. „Wir versuchen, uns am Markt stärker zu profilieren. Aber das geht nur bis zu einem gewissen Grad“, sagt er. Sollte die Förderung wirklich in dem Maße gekürzt werden, wie angekündigt, muss er Kosequenzen ziehen: Die Produktion herunterzufahren oder nur noch bestimmte Produkte zu erzeugen, wären Möglichkeiten, den Betrieb fortzuführen. Weit drastischer, aber möglicherweise finanziell sinnvoller wäre es, den Betrieb ganz aus der Erzeugung zu nehmen. Denn dafür zahlt die EU eine Prämie. „Das wäre ziemlich traurig“, sagt Palme. „Und ich sehe es auch nicht ein. Es lohnt sich, zu kämpfen.“

Da das Landwirtschaftsministerium bisher keine endgültigen Entscheidungen gefällt hat, wollen Anbauverbände und Händler jetzt Bauernschaft und Verbraucher für den Kampf gegen Leistungskürzungen mobilisieren.