„Wir klettern über die Leitplanke“

Lena Behrendes, Studentin an der Uni Marburg, hat Erfahrungen mit den neuen schärferen Protesten gegen Studiengebühren: Sie marschiert auf Autobahnen

taz: Wie kommen Sie auf die Idee, mit anderen Studierenden die Autobahn zu blockieren?

Lena Behrendes: Das war ein spontaner Entschluss. Wir hatten gerade in Marburg eine Straßenkreuzung blockiert, die in der Nähe der Stadtautobahn liegt. Da hat einer von uns gesagt: Warum gehen wir nicht einfach auf die Autobahn? Wir wollen doch von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Dann sind wir zur Autobahn gelaufen und haben die Fahrbahn blockiert.

Wie stellt man das genau an?

Wir suchen uns eine Stelle, die gut einsichtig ist für die Autofahrer. Am besten eine lange Gerade. Dann klettern wir über die Leitplanken und warten darauf, dass die Autofahrer abbremsen. So bald sie bremsen, gehen wir auf die einzelnen Spuren.

Haben Sie keine Angst, wenn die Autofahrer mit über 100 km/h angerast kommen?

Nein. Denn wenn man direkt am Straßenrand steht und damit signalisiert, dass man auf die Autobahn gehen will, dann bremsen die Autos wirklich ab. Man rennt ja nicht einfach so drauflos. Beim ersten Mal habe ich dazu noch die Polizei angerufen und gesagt: Ich beobachte, dass sich mehrere hundert Menschen auf die Autobahn bewegen. Bitte stellen sie da doch einen Polizeiwagen hin, damit nichts passiert. Dann ist ein Motorrad hingefahren und hat sich quer gestellt.

Klingt trotzdem gefährlich. Gibt’s keinen anderen Weg, eine Autobahn lahm zu legen?

Am Anfang hatten wir kurz überlegt: Wir fahren mit Autos auf die vier Spuren der Stadtautobahn und bremsen langsam ab, bis wir ganz stehen bleiben. Aber dafür braucht man Autos. Und das ist logistisch schwieriger, als einfach auf die Autobahn zu laufen. Zumal wir bis jetzt immer spontan blockiert haben.

Gibt es denn keinen Ärger mit der Polizei?

Die hat bisher recht ruhig reagiert. Jetzt droht sie schneller mit einer Räumung. Wir sind aber immer vorher selbst gegangen. Bislang ist auch noch niemand angezeigt worden. Das ist ein wenig verwunderlich. Immerhin haben wir die Stadtautobahn schon fünf Mal blockiert.

Morgen spielt bei der WM Argentinien gegen Holland in Frankfurt. Wollt ihr da auch auf die Autobahn?

Wir hatten bisher nicht den Plan, irgendwelche Spiele zu blockieren – und das werden wir auch nicht machen. Während der WM haben wir eher die Strategie, dezentral zu blockieren. Also nicht in Stadionnähe und keine Autobahnen, sondern eher Seitenstraßen oder Bahnhöfe.

INTERVIEW: MAURITIUS MUCH