Mehr Markt für Gas

von Christian Rath

Das Bundeskartellamt hat einen großen Erfolg im Interesse der Gaskunden erzielt. Gestern billigte das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer Eilentscheidung das vom Kartellamt ausgesprochene Verbot langfristiger Gaslieferverträge. Damit soll der Wettbewerb auf dem Gasmarkt geöffnet werden, damit die relativ hohen Verbraucherpreise fallen können.

Betroffener ist die Eon Ruhrgas AG in Essen, der absolute Marktführer in Deutschland. Das Unternehmen liefert 75 Prozent des Gases, das über insgesamt rund 690 Stadtwerke und andere regionale Gasversorger letztlich beim Kunden landet. In der Regel liefert Eon den Gesamtbedarf der Stadtwerke und hat sich dabei langfristige Lieferverträge gesichert, die stets länger als vier Jahre, in Einzelfällen sogar bis ins Jahr 2020 reichen.

Das Bundeskartellamt sieht in diesen Langfristverträgen jedoch eine Beschränkung des Wettbewerbs, die nach den EG-Verträgen verboten ist – und zwar immer dann, wenn der Markt „schwer zugänglich“ ist und die Verträge die Marktabschottung erhöhen. Für den Gasmarkt sah Kartellamtschef Ulf Böge beide Bedingungen erfüllt. Seit der offiziellen Liberalisierung im Jahr 1999 sei kaum Wettbewerb entstanden.

Nachdem eine einvernehmliche Einigung mit Eon im September gescheitert war, erließ das Kartellamt im Januar eine Verfügung gegen den Marktführer. Demnach kann sich Eon ab September 2006 nicht mehr auf seine langfristigen Verträge berufen und darf in den nächsten Jahren mit größeren Stadtwerken grundsätzlich nur noch Verträge mit höchstens zwei Jahren Laufzeit schließen. Ausnahmsweise sind vier Jahre Laufzeit möglich, wenn sich Eon auf die Lieferung von maximal 80 Prozent des Gasbedarfs beschränkt. Nur kleinere Teillieferungen sind unbeschränkt möglich. Dies soll Konkurrenten den Marktzutritt erleichtern. Böge verwies auf die Stadtwerke in Hameln, die nach dem Auslaufen des Eon-Vertrags im Jahr 2005 einen neuen kurzfristigen Vertrag mit besseren Konditionen bei einem Konkurrenten abgeschlossen haben.

Eon Ruhrgas allerdings klagte beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf gegen diese Auflagen. Der Konzern sah die langfristigen Lieferverträge durch die hohen Investitionen ins Leitungsnetz und die ebenso langfristigen Importverträge gerechtfertigt. Das Unternehmen warnte vor Gefahren für die Versorgungssicherheit. Eon hat mit 11.000 Kilometer das größte Gasleitungsnetz in Deutschland aufgebaut. Das deutsche Gas wird zu 82 Prozent aus dem Ausland eingeführt. Größte Lieferanten sind Russland und Norwegen. Verträge mit der russischen Gasprom gehen bis zum Jahr 2020.

Doch das OLG ließ diese Argumente nicht gelten. Es sah keine Notwendigkeit dafür, dass die deutschen Lieferverträge genauso lang laufen müssen wie die Importverträge. Es sei schließlich nicht wahrscheinlich, dass die Nachfrage nach Gas zurückgehe. Im Übrigen habe Eon keinen rechtlichen Anspruch auf gesicherte Absätze, sondern müsse sich – wie jedes Unternehmen – der Konkurrenz stellen.

Die Entscheidung des OLG erging zwar nur im Eilverfahren. Doch die Richter ließen keinen Zweifel daran, dass sie im Hauptsacheverfahren entsprechend entscheiden werden. Eon wollte mit dem Eilverfahren erreichen, dass die Auflagen des Kartellamts bis zum entscheidenden Urteil gestoppt werden.

Neben dem Kartellamt kämpfen derzeit auch zahlreiche Verbraucher und Gaskunden gegen überhöhte Gaspreise. Im Mai lehnte das Bremer Landgericht eine Gaspreiserhöhung des dortigen Stadtwerkes wegen fehlender Transparenz ab. Das Unternehmen ging aber in Berufung.

Mehr Markt wird es ab Oktober für die Endkunden geben. Sie können dann ihren Anbieter frei auswählen. Die Bundesnetzagentur wird im August über die Gebühren für die Durchleitung von Gas durch das Eon-Netz entscheiden. (Az.: VI-2 Kart 1/06 (V))