DER MÄNNLICHE BLICK
: Gezupfte Charaktere

Hier soll gar nicht rhetorisch gefragt werden. Nein, Otto Rehhagel hat es nicht verdient. Nicht, aus dem Land der Antiken wieder nach Deutschland verjagt zu werden. Nicht er. Haben die in Athen denn aus der Finanzkrise – „Schuld haben die anderen, vor allem die Deutschen!“ – nix gelernt? Sollten sie den gelernten Anstreicher aus dem Pott, der so energisch wie kein anderer auf den Fingern pfeifen kann, nicht auf einem Lager aus Lorbeer betten – oder wer hat den notorisch erfolglosen Kickern aus Piräus, Athen und Saloniki eine Spielweise eingebimst, die 2004 ihnen immerhin den EM-Titel eintrug? Okay, jenes Turnier lebte von der defensiven Mauerei der Griechen, von der Zermürbung aller Kreativität. Aber, so würde Otto, der Große, fragen: Geht es im Fußball um Schönheit oder darum, am Ende wenigstens ein Tor mehr als die anderen geschossen zu haben?

Otto Rehhagel, der Mann, der Werder Bremen erst zum Label machte, der in Frau Beate eine Managerin und Lebens- wie Eheteamführerin an seiner Seite weiß, ist ein Typus Mann, den man heute nur noch als vorbiblisch bezeichnen kann. Ein Abraham ohne ästhetische Allüren, ein Patriarch der grummelnden Ansagen, einer, der Lautstärke nicht mit Schwäche verwechselte, sondern als Stärke ausgab. Und das mit Recht. Otto, der Grieche, der Rehakles, muss nun gehen – und egal, ob er das von selbst tut oder erst auf Geheiß seines griechischen Verbandes: Dann zollt man ihm bitte Beifall.

Eine gute Generation jünger als der Neo- und wohl nach Redaktionsschluss schon Exgrieche, ist Oliver Kahn doch vom gleichen Schlag. Sein innerer Wahn ventiliert sich nicht über Pfiffe auf Fingern, sondern über telegen malmende Wangenknochen und scharf eingeatmete Luft. Er steht nicht mehr im Tor, weder in Karlsruhe noch in München, sondern vor einer freundlichen Reichsdomina namens Magda Müller-Hohenstein – und gibt Expertisen zum Besten.

Wir als Männer leiden mit ihm mit, und zwar nicht weil er noch gern im Kasten stünde, sondern weil man ihn offenbar nötigte, sich für die Dauerpräsenz im ZDF die Augenbrauen trimmen und reduzieren zu lassen. Das ging zu weit: Er sieht aus eine Transe, die ihre Männlichkeit nicht recht zu verbergen vermag. Lasst es wieder wuchern – so sieht Kahn, der Olli, wie ein Schulbub aus, der sich für den Ausflug zur Oma schmuck machen musste. Grässlich, diese Schleiferei an klassisch-deutscher Männlichkeit!

JAN FEDDERSEN