heute in bremen
: Bremen geht rückwärts

Bildungssenator Willi Lemke (SPD) spricht über Günter Grass‘ Novelle „Im Krebsgang“

taz: Herr Krebs, fühlen Sie sich geehrt? Immerhin nimmt sich mit Werder-Willi ein ausgewiesener Laufexperte Ihres Fortbewegungsstils an.

Karl Krebs, Krebs: In der Tat! Bei den Literaturkritikern ist das Werk ja eher durchgefallen. Da tut es gut, wenn man ein bisschen sportlichen Rückenwind bekommt.

Lemke macht das anlässlich einer Lehrerfortbildung, die heute zu „Im Krebsgang“ stattfindet. Ist das nicht doch ein bisschen dicke?

Ich finde nicht. Eine Stadt, die sich neben Lübeck als Günter-Grass-City behaupten möchte, muss ihrem Literaturpatron Raum geben. Im Grunde wirkt da das Trauma von 1959 nach.

Die Aberkennung des Bremer Literaturpreises an Grass durch den Senat?

Genau. Eigentlich eine olle Kamelle. Aber offenbar fühlt sich Lemke immer noch in einer Art Bringschuld, weil seine Amtsvorgänger derart gepatzt haben.

Das würde ja hervorragend passen! Schließlich geht es beim „Krebsgang“ auch um Vergangenheitsbewältigung.

Jetzt sitzen Sie schon selbst diesen Pressebehauptungen auf – das hätte ich von der taz nicht erwartet. Das Geraune vom „tabuisierten Leid“ der vertriebenen Ostpreußen ist doch ein Märchen. Haben Sie nie Dönhoff gelesen? Zum Beispiel?

Nö. Aber die Grass-Geschichte vom Untergang der „Gustloff“, und dass sich irgendwie alles wiederholt – das kommt mir halt schon ein bisschen konstruiert vor.

Weil Sie auch kein Latein können! „Cancrizare“ heißt Rückwärtsgehen, in der Musiklehre ist „Imitation“ gemeint. Ein alles sagender Titel!

Für einen Krebs sind Sie aber ganz schön klugscheißerisch.

Und wenn schon? Das Grußwort spricht trotzdem ein anderer. Interv.: HB

Heute um 15.30 Uhr in der Stadtwaage