Der Ehrgeizige

Die Rechnung, die jetzt an den Fußball-Stammtischen aufgemacht wird, ist simpel – und nicht völlig falsch: Wenn Mirko Slomka in Kürze eine siebenstellige Gutschrift auf seinem Girokonto entdeckt, handelt es sich um seine Abfindung inklusive einer Art Schmerzensgeld. Die Vereinsführung von Hannover 96 hat ihn als Trainer, vier Jahre lang äußerst beliebt, aber zuletzt nicht mehr erfolgreich, Stück für Stück demontiert.

Slomkas Entlassung kurz nach Weihnachten dürfte sein Image dabei nur kurz beschädigen: 96-Präsident Martin Kind hat sich rund um die Beurlaubung seines leitenden Angestellten derart ungeschickt angestellt, dass Slomka im Moment seines Scheiterns schon wieder Pluspunkte sammeln konnte.

Sollte man Mitleid verspüren mit einem Trainer, der die Feiertage über um seinen Job bangen musste und schließlich im Urlaub im fernen Abu Dhabi von seiner Entlassung erfuhr? Die Antwort darauf hat Slomkas eigenens Handeln als 96-Trainer gegeben: Fast vier Jahre lang durfte er sich nach anfänglichen Schwierigkeiten als Fußball-König von Hannover fühlen – und verhielt sich auch so. Neben so manchem Spieler bekam vor allem Jörg Schmadtke Slomkas übergroßes Ego zu spüren. Irgendwann hatte der 96-Manager die Nase voll von der problembeladenen Zusammenarbeit mit dem Trainer und gab – im April 2013 – entnervt auf. Wer von den beiden der größere Dickkopf war, ist jetzt egal. Beide sind in Hannover Geschichte und auf ihre Art gescheitert.

Auf einen Folgejob wird der 46-jährige Slomka wohl nicht lange warten müssen, seine Methoden gelten in der Branche als modern. Und sein Auftreten vor Fernsehkameras lässt ihn bundesweit charmant erscheinen. Dass sich seine Arbeit bei Hannover 96 aber abgenutzt hat, dürfte viel damit zu tun haben, dass sein eigener Anspruch gefährlich hoch ist.

Slomka gefiel sich vor einem Jahr gut darin, den Verein im Zuge der eigenen Vertragsverlängerung hinzuhalten und selbst als Kandidat für deutlich prominentere Aufgaben gehandelt zu werden. Mit einem Verein wie Hannover 96, der angesichts seiner Finanzkraft in Liga 1 unter erheblichen Wettbewerbsnachteilen leidet, dauerhaft im oberen Tabellendrittel mitzuspielen: Das war eine Zielvorgabe, an der selbst der ehrgeizige Slomka scheitern musste. Weil er das wusste, hatte er sich eine Klausel in seinen Vertrag einbauen lassen, die ihn im neuen Jahr erheblich reicher macht.

Einen Nachfolger suchen die Verantwortlichen von Hannover 96 jetzt offenbar im Ausland: „Der deutsche Markt ist überschaubar“, ließ Klubchef Kind die Bild am Sonntag wissen.  OTO