SVENJA BERGT ÜBER INTELLIGENTE STROMZÄHLER
: Besser gar nicht erst anfangen

Der erste Schritt zu Privatsphäre ist es, Datensammlungen zu vermeiden

Nun sollte es auch bei der Bundesregierung durchsickern: Intelligente Stromzähler, die den Verbrauch von Haushaltsgeräten je nach Stromangebot im Netz steuern sollen, verursachen mehr Kosten als Nutzen. So eindeutig ist das Ergebnis einer vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie. Wenn das Kostenargument die neuen Zähler zu Fall bringt – gut. Doch das größte Problem ist nicht, dass Haushalte nicht und die Stromkonzerne sehr wohl von den Geräten profitieren würden. Sondern dass der Stromverbrauch ziemlich viel über unser Verhalten, über unsere Ausstattung mit Geräten und Gewohnheiten verrät.

Alleine an Hand der Verbrauchskurve eines Haushalts lassen sich detaillierte Profile erstellen. Wann wird gekocht, wann Wäsche gewaschen, wann läuft die Kaffeemaschine, wann ein Fön oder eine Heizlampe, und zu welcher Uhrzeit geht jemand schlafen? Oder: Wann verlässt jemand das Haus, fährt in den Urlaub, und deuten diese Linien da nicht auf Hanfanbau in der Wohnung hin?

All das bekommt eine neue Relevanz, seitdem klar ist: Verbrauchsdaten, die an den Stromanbieter übertragen werden, verbleiben sicher nicht bei ihm. Selbst, falls die Anbieter sie nicht – was für sie attraktiv und vermutlich die erste Verwendungsoption wäre – für Werbezwecke nutzen: Die NSA kann mitlesen. Und im Gegensatz zu Handys, die sich ausschalten lassen oder zu Hause liegen gelassen werden, um einer Überwachung zu entgehen, oder E-Mails, die man verschlüsseln, und soziale Netzwerke, die man meiden kann – wer will und kann auf Strom verzichten? Und wäre das dann nicht auch wieder verdächtig?

Der erste Schritt zu mehr – oder überhaupt – Privatsphäre ist es, Datensammlungen zu vermeiden. Bei den Stromzählern besteht dazu noch die Chance.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 8