DEUTSCHE KAUFT BERLINER BANK: KEIN ANLASS ZUR ZUFRIEDENHEIT
: Die Milliardenschuld der Gernegroßen

Geschichtsvergessen ist der Eigentümerwechsel der Berliner Bank. Da kauft die Deutsche Bank ein bisher mehrheitlich landeseigenes Unternehmen und gelobt, die 900 Angestellten weiter zu beschäftigen. Auch für die rund 300.000 Privat- und Geschäftskunden soll sich wenig ändern. Der Verkäufer, das Land Berlin, gibt sich zufrieden mit dem Kaufpreis von 680 Millionen Euro und ist froh, mit dem Deal einer EU-Forderung nachzukommen. Doch offenbaren diese Reaktionen einen zu engen Horizont, denn zu diesem Vorgang gehören auch politisches Versagen, Größenwahn und ein sehr schlechtes Gedächtnis.

Die Berliner Bank wäre heute wahrscheinlich nicht verkauft, hätten Berliner Landespolitiker und Bankenmanager Anfang der 90er-Jahre nicht nach den Sternen gegriffen. Als Teil der neuen Bankgesellschaft Berlin sollte das Kreditinstitut mithelfen, den erträumten Berlin-Boom zu kanalisieren. Der blieb, schnell zu erkennen, aus. Aber der Größenwahn der Bankgesellschaft endete erst, als der CDU-SPD-Senat im Jahr 2001 gewaltige 1,75 Milliarden Euro in die Bankgesellschaft pumpen musste, um sie zu retten. Und für weitere bis zu 21,6 Milliarden Euro Verluste muss das Land in den kommenden Jahrzehnten geradestehen.

Doch binnen wenigen Jahren ist die Erinnerung an den Skandal verblasst. Wen kümmert noch der laufende Prozess gegen ein Dutzend Bankenmanager? Nur weil auch Berlins Ex-CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky auf der Anklagebank sitzt, gibt es noch ein wenig öffentliches Interesse. Auch der gewaltige Berliner Schuldenberg in Höhe von 60 Milliarden Euro lässt als Kleinigkeit erscheinen, was doch der größte Bankenskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte war. Das Ergebnis: Die Öffentlichkeit nimmt den Bankenverkauf als Schicksalsakt hin. Doch das ist er nicht. Zu Zufriedenheit mit dem Verkauf der Berliner Bank besteht nicht der geringste Anlass. Es waren unkontrollierbare Landespolitiker und Finanzleute dafür verantwortlich, dass Berlin einen Bankenriesen schaffen wollte und ab 2008 nicht einmal mehr eine eigene Sparkasse hat. MATTHIAS LOHRE