Säbelrasselndes Warten auf Kims Knaller

Schießt Nordkorea probehalber eine atomare Langstreckenrakete in die USA? Die USA wollen das verhindern

WASHINGTON taz ■ Die USA hat Schiffe in Position vor der Küste Nordkoreas gebracht, um einen möglichen Test von Langstreckenraketen in Nordkorea registrieren zu können. Das US-Militär bereitet sich darauf vor, sein neues, noch nie eingesetztes Raketenabfangsystem hochzufahren. Vertreter Südkoreas bezweifeln indes, dass der Norden wirklich kurz davor stehe, seine erste interkontinentale Rakete zu testen. Vielmehr wolle die Regierung um Kim Jong Il einen Satelliten ins All schicken.

Nach Erkenntnissen der USA und Japans bereitet sich Nordkorea seit Wochen auf den Start einer Langstreckenrakete vom Typ Taepodong-2 vor. Solche Raketen könnten nach Einschätzung von Militärexperten einen nuklearen Sprengkopf bis nach Hawaii oder Alaska tragen. Nach Ansicht von Experten könnte Nordkorea mit dem Test versuchen, seine Position bei den festgefahrenen Verhandlungen über ein Ende seines umstrittenen Atomprogramms zu stärken.

Gestern bot Nordkorea den USA Gespräche über seinen geplanten Raketentest an. Washington habe sich besorgt geäußert, sagte der stellvertretende Leiter der nordkoreanischen Mission bei der UNO, Han Song Ryol, der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap. „Unsere Position ist: Einverstanden, dann lasst uns darüber reden.“ Zugleich bekräftigte er das „unveräußerliche Recht“ seines Landes auf Raketentests.

Nordkoreas selbst auferlegte Moratorium von 1999 bezüglich der Tests von Langstreckenraketen gelte nur, solange sich Nordkorea im Dialog mit den USA befinde, so der Diplomat weiter. Nordkorea hatte 1998 ohne Vorwarnung eine mehrstufige Rakete des Typs Taepodong-1 abgefeuert und damit eine Krise in der Region ausgelöst. Sie war nach einem Flug über japanisches Gebiet in den Pazifischen Ozean gestürzt. Han betonte, der geplante Raketentest stelle keine Verletzung des entsprechenden Moratoriums von 1999 dar. Die USA hatten Pjöngjang damals im Gegenzug Sanktionserleichterungen gewährt. Die nordkoreanischen Staatsmedien sollen in diesen Tagen den Test von 1998 gepriesen haben.

„Als souveräner Staat hat Nordkorea nicht nur das Recht, Raketen zu entwickeln, aufzustellen und zu testen, sondern sie auch zu exportieren“, sagte Han. Pjöngjang sei sich der US-amerikanischen Sicherheitsbefürchtungen durchaus bewusst. Man könne die Frage daher in Gesprächen erörtern.

Im Falle eines Tests drohen Washington und Tokio, den UN-Sicherheitsrat einzuschalten. UN-Generalsekretär Kofi Annan forderte Nordkorea zur engeren Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen im Bemühen um eine Lösung des Atomstreits auf. Südkorea deutete gestern an, bei einem Raketentest seine Wirtschaftshilfe und Nahrungslieferungen an das verarmte Nachbarland im Norden auszusetzen. Der frühere südkoreanische Präsident Kim Dae Jung verschob einen für nächste Woche geplanten Besuch in Pjöngjang.

ADRIENNE WOLTERSDORF