AUFM PLATZ
: Die verflixte Viererkette

MARKUS VÖLKER

Wenn in den vergangenen Tagen über das neue deutsche Spiel gesprochen wurde, dann wurde ein Mannschaftsteil meist gar nicht erst erwähnt: die Verteidigung. Über die Defensivabteilung schwärmte eigentlich niemand. Sie war nicht Teil der Elogen, die vor allem nach dem Spiel gegen Australien verfasst wurden.

Wenn dem offensiven und kombinationsfreudigen Ansatz der jungen DFB-Elf gehuldigt wurde, dann wurde das Mittelfeld um Mesut Özil als Kronzeuge herangezogen, seltener der Sturm, aber nie die Viererkette mit den Innenverteidigern Arne Friedrich, Per Mertesacker, dem rechten Außen Philipp Lahm und den Männern auf der linken Seite, Holger Badstuber oder Jerome Boateng. Warum gehörte das Quartett ganz hinten nicht dazu? Ganz einfach: Weil es für die rustikaleren Dinge zuständig ist. Und weil es in einer Problemzone agiert.

Die deutsche Abwehr ist verwundbar und instabil. Sie lässt sich jederzeit mit einem Steil- oder Doppelpass aushebeln. War im Spiel gegen Serbien Bayern-Profi Holger Badstuber der Buhmann, so brillierten am Mittwochabend gleich zwei defensive Kräfte in dieser Rolle: Mertesacker und Boateng. Bundestrainer Joachim Löw weiß um die Anfälligkeit seiner Hintermannschaft, aber große Umbauarbeiten wird er nicht mehr vornehmen. Per Mertesacker ist gesetzt, Arne Friedrich ist in seiner derzeitigen Form ohnehin unersetzbar, und Philipp Lahm – muss er nicht gerade gegen einen riesenhaften Angreifer wie den Serben Zigic ins Kopfballduell gehen – macht seine Sache auch sehr solide. Bleibt die Baustelle auf der Position des linken Außenverteidigers.

Jerome Boateng spielte gegen Ghana kaum besser als Holger Badstuber gegen Serbien, weswegen Joachim Löw mit Marcell Jansen nun schon den dritten Mann getestet hat. Links hinten, es ist ein einziges Experimentierfeld, denn Badstuber ist eigentlich ein geborener Innenverteidiger, Boateng steht lieber auf rechts und Jansen ist längst in seinem Klub, dem Hamburger SV, zum Mittelfeldspieler mit Offensivdrang gereift. Ergo: Joachim Löw hat keinen Spieler, der es gewohnt wäre, links hinten zu spielen. So ist er zur Flickschusterei gezwungen. Er muss auf brisante Notlösungen setzen, die den Gegner dazu einladen, seine Angriffe über diese schwache deutsche Seite laufen zu lassen. Schon im Viertelfinalspiel gegen die Engländer am Sonntag in Bloemfontein könnte das schiefgehen mit der deutschen Wackeldefensive.