Ich höre was, was du nicht hörst

Nach Expertenanhörung zum neuen Wahlrecht fühlen sich alle Rathaus-Parteien auf wundersame Weise bestätigt

Expertenanhörungen sind etwas Schönes. Jede Partei bestellt einen Gutachter ihrer Wahl, der dann sagt, was man von ihm erwartet, wobei die Parteienvertreter sowieso nur das zur Kenntnis nehmen, was ihre Position bestätigt. Die Expertenanhörung zum neuen Hamburger Wahlrecht am Mittwochabend bildete da keine Ausnahme. Das Fazit: Außer Spesen wenig gewesen.

Die CDU fühlt sich in ihrem Wahlrechtsentwurf „bestätigt“. Schließlich hatte keiner der fünf einbestellten Staatsrechtler plausibel machen können, dass die Abänderung des per Volksentscheid beschlossenen Wahlrechts gegen die Hamburger Verfassung verstoße. Das Parlament habe das Recht, einen Volksentscheid abzuändern, wenn die Anliegen des Entscheids irgendwie berücksichtigt würden, erklärte die Mehrheit der Sachverständigen. Da der CDU-Entwurf zumindest auf Bezirksebene einige Elemente des Volksentscheids aufnimmt, konnten sich auch die Rechtsexperten von SPD und GAL nicht dazu durchringen, der CDU einen Verfassungsbruch vorzuwerfen.

Natürlich fühlt sich auch die rot-grüne Opposition „bestätigt“ in ihrer Ablehnung. Besonders die Wiedereinführung der Fünf-Prozent-Sperrklausel auf Bezirksebene sei auch von dem CDU-Gutachter „sehr kritisch“ beurteilt worden. Auch die so genannte „Lex Berlusconi“, die der stärksten Partei in bestimmten Fällen zusätzliche Ausgleichsmandate beschere, sei zumindest von einem Gutachter als „verfassungsrechtlich bedenklich“ eingestuft worden.

Während die CDU nach der Anhörung ihr Wahlrecht erst recht bis Mitte September durch die Bürgerschaft peitschen will, fordern SPD und GAL ein Moratorium. Die Befragung habe klar gemacht, dass es sinnvoll sei, das Volksentscheids-Wahlrecht bei der Wahl 2008 erst einmal anzuwenden, bevor es wieder verändert wird. Marco Carini