„Die Szene wächst wild und kreativ“

Beim heute beginnenden Kunst- und Kulturfestival „48 Stunden Neukölln“ präsentiert der Bezirk seine unbekannte Seite. Kulinarisches Highlight in diesem Jahr: ein alkoholhaltiges Getränk mit Anis namens „Neuköllnisch Wasser“

„Ich habe sogar ein größeres Schaufenster bekommen, als vorgesehen war“, sagt die Videokünstlerin Nathalie Martin und strahlt über das ganze Gesicht. Seit sechs Jahren lebt sie in Berlin, in diesem Jahr beteiligt sie sich zum ersten Mal am Kunst- und Kulturfestival „48 Stunden Neukölln“. Auf dem Festival wird die junge Künstlerin schlafende Menschen in einem Schaufenster inszenieren. Die Reaktionen darauf seien in der Vergangenheit sehr unterschiedlich ausgefallen: „Viele Passanten fotografieren die Schlafenden, weil es so ungewöhnlich ist, jemanden ungeniert beobachten zu können. Manche finden die Aktion sehr provokant. Etwa die Hälfte schafft aber den Sprung, darüber nachzudenken, was die Inszenierung bedeutet“, sagt Nathalie Martin.

Das Festival „48 Stunden Neukölln“, das heute Abend beginnt, findet bereits zum 8. Mal statt. Insgesamt sind mehr als 300 verschiedene Veranstaltungen geplant – darunter Theater- und Tanzaufführungen, Installationen, Performances, Feste und Konzerte. Die Veranstalter möchten mit dem Festival das Image Neuköllns verbessern. „In den Medien sieht man immer nur die schlechte Seite des Bezirks. Wir wollen zeigen, dass die Kunst- und Kulturszene hier wild und kreativ wächst und dass die Künstler hart arbeiten“, sagt Juliette Montier vom Veranstalter Kulturnetzwerk Neukölln. Sie erwartet an beiden Tagen zusammen rund 50.000 Besucher.

Unter dem Motto „Neukölln Safari“ bieten zudem verschiedene Veranstalter Führungen an. Sultan Othmann vom Verein Arabisches Kulturinstitut etwa zeigt „die arabische Geschäftswelt Neuköllns“. „Ich stelle arabische Geschäfte in der Sonnenallee vor“, sagt Othmann. Er hofft, dass die Teilnehmer seiner Führung nicht nur still mitlaufen, sondern mit den Geschäftsleuten ins Gespräch kommen. Der Verein Integrative Migrantenarbeit organisiert die Führungen „Das albanische Neukölln“ und „Das türkische Neukölln“.

Ein Teil des Programms steht unter dem Motto „Neukölln fließt“. Deswegen haben die Veranstalter zum Beispiel ein Boots-Shuttle eingerichtet, das auf dem Landwehr- und Schifffahrtskanal zwischen den verschiedenen Festivalorten verkehrt.

Passend zum Thema Wasser haben Künstler auch ein neues Getränk erfunden, das sie gar als „Zusammengehen von Tradition und Migration“ bezeichnen: „Neuköllnisch Wasser“ besteht aus Anis, Apfel und einem Schuss Zitrone. Beraten wurden die Künstler vom Spirituosenhersteller Schilkin in Kaulsdorf, wo das Getränk auch gebrannt wird. Die Künstler verkaufen das Getränk auf dem Festival an einem Stand; das besondere Wasser wird aber auch in etwa 20 Cafés und Gaststätten ausgeschenkt. Karin Schädler

Weitere Informationen unter: www.neukoellnisch-wasser.de, www.48-stunden-neukoelln.de