Signieren für Staatswohnung

Das Volk wird initiativ: Mindestens 66.000 Unterschriften sollen gesammelt werden, um die Landesregierung vom Verkauf der LEG abzuhalten. Die Opposition freut sich – und sammelt mit

VON KLAUS JANSEN

Die Landesregierung darf sich auf weitere Wäschekörbe mit Protestunterschriften einstellen. Mieterschützer, Gewerkschaften und Oppositionsparteien wollen mit einer neuen Volksinitiative gegen die geplante Privatisierung der landeseigenen Immobilienfirma LEG vorgehen. Die Organisatoren haben sich zum Ziel gesetzt, mindestens 66.000 Unterschriften gegen den Verkauf der rund 110.000 Wohnungen zu sammeln. Am Dienstag will sich die Initiative offiziell der Öffentlichkeit vorstellen.

„Wir wollen nicht nur die Mieter der LEG mobilisieren, sondern alle Bürger ansprechen, die gegen den Verkauf von Mietwohnungen an Finanzinvestoren sind“, sagte die Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbunds NRW, Annette Dalstein-Troendle. Ver.di-Sprecher Jörg Verstegen erklärte, dass „jeder Strohhalm“ genutzt werden müsse, um die Privatisierung zu verhindern. „Es ist sinnvoll, dafür breite Bündnisse zu schließen“, sagte er.

CDU und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die LEG zu verkaufen. Bis zum Ende der Sommerpause soll ein Bankenkonsortium in einem Gutachten den Wert der Firma errechnen. Aus Sicht von Bauminister Oliver Wittke (CDU) kommt der Protest vor Abschluss dieses Gutachtens viel zu früh: „Es ist noch überhaupt nicht klar, welche Teile der LEG an wen verkauft werden. Die Macher der Volksinitiative kennen noch nicht einmal den Gegenstand ihres Anliegens“, sagte Wittkes Sprecher Stephan Heuschen. Deshalb sei der Protest „nicht seriös“. Sollte die Volksinitiative tatsächlich die geforderte Marke von 66.000 Unterschriften erreichen, müsste sich der Landtag erneut mit dem LEG-Verkauf auseinandersetzen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die schwarz-gelbe Regierungsmehrheit dann ihre Meinung ändert: Erst am Donnerstag lehnte der Landtag die beiden Volksinitiativen gegen die Kürzungen im Landeshaushalt ab – obwohl die Organisatoren mehr als 500.000 Unterschriften gesammelt hatten. Auch beim LEG-Verkauf sind die Möglichkeiten einer Volksinitiative begrenzt: Da die Entscheidung Auswirkungen auf die Landesfinanzen hat, ist ein Volksbegehren oder ein Volksentscheid vermutlich nicht zugelassen. „Das ist Auslegungssache, aber es ist unwahrscheinlich, dass ein Volksbegehren zugelassen würde“, sagt Daniel Schily vom Verein „Mehr Demokratie“ in NRW.

Den Organisatoren der Volksinitiative geht es denn auch mehr darum, dass Thema überhaupt einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die Chancen dafür sind gut: Das Bündnis ist erstaunlich breit, neben dem Deutschen Gewerkschaftsbund sind auch die Landesverbände von SPD, Grünen, Linkspartei.PDS und WASG mit dabei. „Unsere Leute vor Ort kämpfen schon seit langem gegen den LEG-Verkauf. Deshalb ist es klar, dass wir mitmachen“, sagte WASG-Landessprecher Wolfgang Zimmermann. Dass seine Partei gemeinsam mit der SPD und den Grünen agiere, löse bei ihm „keine Berührungsängste“ aus. „Wenn die Inhalte stimmen, kann ich mir das auch bei anderen Fragen vorstellen“, sagte er der taz.

Die Regierung von Jürgen Rüttgers muss sich in den kommenden Jahren deshalb auf eine außerparlamentarische Opposition einstellen, in der paradoxerweise auch die im Landtag vertretenen Parteien mitmischen. Denn auch die Sozialdemokraten haben offenbar erkannt, dass die Oppositionsarbeit im Parlament allein bisher nicht zu großen Erschütterungen in der Staatskanzlei und den Ministerien geführt hat. „Die Mehrheiten im Landtag sind klar. Da nützen die besten Argumente nicht“, sagte SPD-Generalsekretär Michael Groschek der taz. Die SPD wolle ihre „Kampagnenfähigkeit stärken“ – selbstverständlich ohne die Volksinitiative als Vehikel für Parteipolitik zu missbrauchen.