Schmuddel- und Weltliteratur

„Männerschwarm“, die erste Hamburger Buchhandlung für Schwule, feiert heute 25-jähriges Bestehen

Aus den USA stammt der Witz: „Was ist besser: Schwarz sein oder schwul?“ Die Antwort lautet: „Schwarz – weil man es seinen Eltern nicht erzählen muss.“ Man könnte diesen Sachverhalt auch anders auf den Punkt bringen: Erkenntnis und Aktion sind es, die Homosexuelle von anderen Randgruppen unterscheidet; die zwei Phasen des „Coming out“, sich über seine Neigungen klar werden und sich entscheiden, danach zu leben, auch gegen den Widerstand des Umfelds. Der Homosexuelle: Prototyp des Philosophen, des politischen Aktivisten, des Künstlers. Schwul sein, sagte Foucault, ist die kreative Lebensform par excellence.

Eine offene Schwulenszene begann sich in Hamburg erst Ende der 70er Jahre herauszubilden. Nach dem Vorbild der Frauenbuchläden eröffnete 1981 die Buchhandlung „Männerschwarm“ am Pferdemarkt. Aus dem Projekt sind mittlerweile 25 Jahre spannender Buchhandlungsgeschichte geworden, die der Laden, 2003 an die Lange Reihe in St. Georg verlegt, heute ab 18 Uhr mit Empfang und Lesung feiert. Der renommierte Autor Bodo Kirchhoff hat eigens für dieses Ereignis einen Text verfasst.

Stoff für Literatur bietet die Buchhandlung ja genug. Als man am Pferdemarkt das Ladenschild anbrachte, erinnert sich Mitbetreiber Joachim Bartholomae, schaute eine alte Dame aus dem Fenster und fragte: „Was wird denn das?“ „Ein schwuler Buchladen.“ „Na, da sind Sie ja hier richtig.“ Später hatte die Buchhandlung mit der Beschaffungskriminalität der Junkies zu leben. „Irgendein offenes Fenster fanden die immer.“ Um sie nicht zu verärgern, ließen die Buchhändler immer ein paar Mark in der Kasse. „Das war dann unser persönlicher Beitrag zur Unterstützung von Drogenabhängigen“, sagt Bartholomae.

Probleme mit der Polizei hat man erst später bekommen, in St. Georg, seit neben Proust und Thomas Mann auch Pornos, „Einhandliteratur“, wie es im Jargon heißt, verkauft werden. Diesen ungezwungenen Umgang schien die Polizei nicht zu mögen, auch wenn ihn die Buchhändler als einen wichtigen Schritt gegen die Grauzonen der Legalität in manchen Pornoläden rechtfertigten. Weil kein Schild an der Tür Jugendlichen den Zutritt untersagte, wurde gleich alles mitgenommen, was den Ordnungshütern nicht gefiel. „Wir bedanken uns bei der Polizei für die Inventur unseres Pornosortiments“ war daraufhin im Fenster des Ladens zu lesen.

Jetzt, da das das Schild „Eintritt ab 18“ endlich hängt, hat man andere Probleme. „Immer wieder müssen wir jungen Müttern erklären, ihre Kleinen doch bitte mit dem Buggy draußen zu lassen.“ Dass auch Frauen den Laden betreten, spricht Bände über den aufgeklärten Umgang mit der Homosexualität. Zumindest in St. Georg.

Für das Rathaus gilt das nur bedingt. „Kusch hat sich ein Buch von seiner Sekretärin abholen lassen“, verrät Bartholomae. Besuch von Ole ist kaum zu erwarten. Der delegierte sogar das eigene „Coming out“: an seinen Vater. Maximilian Probst