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ÜBERALL BELÄSTIGUNGNervtötend

Hunde sterben, weil sie „Junkie-Kot“ essen

Es wird mal wieder diskutiert. Die Panik verbreitenden Anwohnern reden sich in Rage, in ihren Augen stören die Dealer die „optische Ästhetik“. Außerdem möchte man nicht dauernd gefragt werden, ob man etwas kaufen möchte, das sei nervtötend. „Nervtötend“ ist natürlich ein Argument.

Der Görlitzer Park ist ja zurzeit ein beliebtes Thema, Syrien ist ein Paradies im Vergleich zu diesem Flecken Gras. Frauen und Kinder trauen sich kaum noch auf die Straße, Hunde sterben, weil sie „Junkie-Kot“ essen, und die Polizei ist machtlos. So entnimmt man es zumindest täglich der Presse.

Warum der Park trotzdem immer voll ist, kann einem zwar keiner so richtig beantworten, Berlin hat jede Menge Grünflächen, auf die all die besorgten Menschen ausweichen könnten, aber das spielt ja auch gar keine Rolle, man lasse sich doch nicht „von denen verdrängen“. Verkehrte Welt.

Ich hab die Nase voll von den Schauermärchen und verschwinde, aus dem Park raus, die Falckensteinstraße entlang. An jeder Ecke Werbung. Vor dem Kaisers ein Stand mit Käseproben und eine Unterschriftensammlung. Die Käsefrau guckt nur verschwörerisch in Richtung der Essensproben, die Dame von Bürgerinitiative jedoch spricht mich an. Nein danke.

In der Post sitzt ein junger Mann und verkauft Öko-Strom. „Interessiert mich nicht, danke“, antworte ich, doch das ist ihm nicht genug. Er will wissen, warum mich das nicht interessiert und was es denn bitte für Probleme gäbe, die wichtiger sein könnten als die Rettung der Umwelt? Ich setze meine Kopfhörer auf und laufe zur Warschauer Straße hoch.

Kurz vor dem Gipfel sehe ich sie bereits warten – Unicef, die SOS-Kinderdörfer und Amnesty International. Ich wechsle lieber die Straßenseite. Diese dauernden Verkaufsangebote sind wirklich nervtötend. JURI STERNBURG

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