Buchtipp

Sträflingsinseln

In Reiseführern, Prospekten und in der touristischen Werbung gelten Inseln stets als Platzhalter für Urlaubsparadiese. Wolfgang Althof hingegen geht es um die Schattenseiten von Inseln als Orte der Isolierung und Einkerkerung. Er hoppt von Sträflingsinsel zu Sträflingsinsel und porträtiert 150 „Schauplätze der Verbannung“ (so der Untertitel des Buchs) mit ihren Kerkern und Insassen, ihren Haftbedingungen und Gruselgeschichten. Wer kennt schon Psitalia, „die Insel des Durstes“ in der östlichen Ägäis, wohin nur zwei Fässer Wasser für die Deportierten gebracht wurden? Oder die Isla de los Ratos, ein Zuchthaus für jugendliche Verbrecher in der Bucht von Montevideo? Oder die indonesische Insel Buru, wo 1965 nach brutalen Massakern missliebige Oppositionelle Zwangsarbeit leisten mussten? Manche Inseln wurden erst durch ihre prominenten Häftlinge bekannt, wie beispielsweise das südafrikanische Robben Island durch Nelson Mandela oder St. Helena durch Napoleon. Einige dieser so genannten Teufelsinseln sind heute zu viel besuchten Touristenstätten geworden. Dafür steht Alcatraz in der Bucht von San Francisco, „ein öffentliches Gruselkabinett“, in dem früher kriminelle Schwerstverbrecher wie Al Capone einsaßen. Mit der geografischen Angabe des Längen- und Breitengrads leitet der Seevermessungsingenieur Althof jedes Inselkapitel ein. Viele der vorgestellten Eilande werden durch Reliefzeichnungen plastisch, ansonsten aber versinken sie im grauen Meer der Druckerschwärze. Wolfgang Althof hat eine Fleißarbeit abgeliefert, ein Standardwerk der Gefängnisinsel-Literatur mit fast enzyklopädischem Anspruch. Doch die Aneinanderreihung und Beschreibung des fast Immergleichen ermüdet schnell.

GÜNTER ERMLICH

Wolfgang Althof: „Sträflingsinseln“. Verlag E.S. Mittler & Sohn, 2005. 288 S., 36 €