IN DER VERSICHERUNGSBRANCHE STEHEN NOCH VIELE ENTLASSUNGEN AN
: Allianz ist nur der Anfang

Allianz ist nicht der einzige Versicherungskonzern, der auf einem rigiden Rationalisierungskurs abfährt. Trotz Rekordgewinne in 2005 und ähnlich guter Aussichten in diesem Jahr bauen fast alle Versicherer Arbeitsplätze ab. Insgesamt könnten in absehbarer Zeit schätzungsweise bis zu 20.000 Jobs in Deutschland vernichtet werden, befürchtet Ver.di. Die Versicherungswirtschaft hält allerdings solche Zahlen für „reine Spekulation“ und winkt gleichzeitig mit der Globalisierungskeule, die zu harten Kosteneinsparungen zwinge.

Sicher ist: Die Zeiten, als der Job bei einem Versicherer bis zur Rente reichte, sind vorbei. Und: Die bereits beschlossenen Rationalisierungsprogramme werden erst 2007/2008 richtig in der Arbeitswelt einschlagen. Dabei ähnelt die Versicherungsbranche zunehmend der Automobilwirtschaft: Konzerne werden schlanker, die meisten Bauteile kommen von Zulieferern aus dem In- und Ausland. Dadurch werden die Produkte immer ähnlicher und zunehmend entscheiden nur noch Werbung und Vertrieb über den Erfolg.

Diese Industrialisierung hat längst die ganze Finanzbranche erfasst. Um Kosten zu senken, werden beispielsweise Kfz-Policen standardisiert und in Form von Baukastensystemen und – mit unterschiedlichen Etiketten versehen – den Kunden angeboten. Die Ergo-Gruppe hat ein gemeinsames IT-System für alle vier Konzerntöchter geschaffen. So können Policen aus Hamburg kommen, obwohl „Victoria Düsseldorf“ draufsteht. Intern werden überall die produktivsten Abteilungen zwischen Sydney, Brüssel und Frankfurt zur so genannten Benchmark erhoben, an der sich alle anderen Abteilungen weltweit orientieren müssen.

Straffung, Industrialisierung und Fusionen werden in der Versicherungsbranche in den kommenden Jahren viele Arbeitsplätze kosten. Erst kürzlich hat Talanx den traditionsreichen Gerling-Konzern übernommen und Axa von der Credit Suisse den Versicherer Winterthur für 7,9 Milliarden Euro gekauft. Ohne drastischen Stellenabbau werden sich solche Deals nicht auszahlen – unklar ist nur noch der Umfang. HERMANNUS PFEIFFER