Ende der Versprechen

ENTWICKLUNGSHILFE Milliarden-Zusagen aus Gleneagles stillschweigend beerdigt

„Das Geld wird hinten und vorne nicht reichen“

MARWIN MEIER, WORLD VISION

TORONTO taz | Das Versprechen der G-8-Staaten von Gleneagles bleibt unerfüllt. 50 Milliarden Euro wollten sie bis 2010 zur Bekämpfung der weltweiten Armut zusätzlich zur Verfügung stellen, hatten sie 2005 beim Gipfeltreffen in Schottland zugesagt. Geflossen sind davon nur 30 Milliarden Euro. Beim Treffen in Toronto wurde das Ziel aufgegeben: Anders als in den Vorjahren wird die Zusage im Abschlussdokument der G 8 nicht mehr erwähnt. Hilfsorganisationen hatten gefordert, die fehlenden Mittel bis 2012 nachzureichen.

Enttäuschend fiel auch die entwicklungspolitische Initiative des Gipfels aus. Mit der nach der Austragungsregion benannten Muskoka-Initiative sollte die Mütter- und Säuglingssterblichkeit deutlich reduziert werden. Im Rahmen der Millennium-Entwicklungsziele hatte sich die Weltgemeinschaft vorgenommen, bis zum Jahr 2015 die Sterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren um zwei Drittel und die von Müttern um drei Viertel zu verringern. Dafür sind nach Schätzung der Vereinten Nationen in den nächsten Jahren rund 30 Milliarden Dollar zusätzliche Mittel notwendig, von denen die G-8-Staaten gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung 24 Milliarden übernehmen müssten.

Um die Initiative in Fahrt zu bringen, kündigte Kanadas Ministerpräsident Steven Harper eine an der Größe des Landes gemessen ordentlichen Beitrag an: 1,1 Millarden Dollar an zusätzlichen Entwicklungshilfegeldern will das Land in den nächsten Jahren bereitstellen. Und er drängte die anderen offensiv dazu, es ihm gleichzutun: „Wenn nicht die Länder mit den meisten Mitteln sich den dringendsten Fragen des Globus zuwenden, wer soll es sonst tun?“ Doch die Hoffnung wurde enttäuscht. Nur 5,9 Milliarden US-Dollar wollen die G-8-Staaten insgesamt bereitstellen, teilte Harper nach dem Treffen mit. Neben den 1,1, Milliarden von Kanada stammen weitere 1,3 Milliarden Dollar von den USA. Deutschland will sich über die nächsten fünf Jahre mit insgesamt 400 Millionen Euro beteiligen – was im Vergleich zu anderen Staaten deutlich weniger wäre, als der deutschen Wirtschaftskraft entspricht. Zudem soll nur ein Teil der Gelder zusätzlich bereitgestellt werden – wie viel, das blieb zunächst unklar. Der Rest wird im Entwicklungshilfehaushalt lediglich umgeschichtet.

Entwicklungspolitische Organisationen reagierten mit Enttäuschung auf die Ankündigung. „Das Geld wird hinten und vorne nicht reichen“, sagte Marwin Meier von World Vision. Tobias Kahler von der Organisation One kritisierte die Zurückhaltung der Kanzlerin Angela Merkel. „Deutschland hat nur 25 Prozent seiner G-8-Afrika-Zusagen von 2005 eingehalten, die in diesem Jahr fällig sind“, sagte er. MKR