Abgang durch die offene Hintertür

Joschka Fischer will kommende Woche seinen Abschied vom Bundestag nehmen

BERLIN taz ■ Der Mann hat offenbar ein Problem mit Abschieden und möchte sich lieber leise verdrücken. Ein Fraktionssprecher der Grünen bestätigte gestern, dass Fischer „am kommenden Dienstag in der Fraktion erwartet wird“. Wie aus Kreisen der Grünen verlautete, sind dann aber nur ein paar Abschiedsworte der Fraktionsvorsitzenden geplant sowie eine Geschenkübergabe. Fischer tritt im Herbst eine Gastprofessur an der US-Universität Princeton an.

Der Grünen-Politiker hat nur noch ein Bundestagsmandat inne. Rein theoretisch könnte Fischer dieses Mandat behalten und gleichzeitig an der Universität Princeton lehren. Er müsste nur ab und an während der Sitzungswochen einfliegen. Doch bei den Grünen geht man davon aus, dass Fischer seinen Abgeordnetenposten räumt und dem Bundestag spätestens bis September schriftlich seinen Mandatsverzicht erklärt. Bisher liege allerdings „noch nichts vor“, hieß es gestern in der Pressestelle des Bundestags.

Fischers Gastprofessur in internationaler Politik an der US-Elite-Universität Princeton ist auf ein Jahr befristet. Aus Kreisen der Grünen verlautete, er werde mit seiner Frau Minu Barati-Fischer nach Princeton gehen, allerdings noch einen Wohnsitz in Berlin behalten.

Schon auf dem Grünen-Parteitag im vergangenen Oktober war Fischer nicht mehr aufgetreten und hatte damals seinen Austritt aus dem Parteirat der Grünen schriftlich erklärt. Auch in den Sitzungen im Bundestag war der grüne Abgeordnete in den vergangenen Wochen oftmals nicht mehr gesichtet worden.

Vielleicht scheut Fischer das eindeutige Abschiedsbild in den Medien, weil er sich immer noch eine Hintertür offen lassen will. Denn spätestens im Herbst nächsten Jahres, wenn die Gastprofessur endet, könnte der weitere Berufsweg des 58-Jährigen, der nie eine Ausbildung abschloss, wieder offen sein.

BARBARA DRIBBUSCH