„Die heiklen Punkte müssen öffentlich werden“

WASSER Der Berliner Wassertisch will, dass die Verträge über die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe offengelegt werden. Mitinitiator Thomas Rudek kündigt an, dann gegen die Privatisierung zu klagen. Dem rot-roten Senat wirft er Ablenkungsmanöver vor

■  Der 49-jährige Mitinitiator des Berliner Wassertischs arbeitet selbstständig als Politikberater. Schon während seines Studiums der Politikwissenschaft hat er sich mit Fragen rund um die Wasserprivatisierung beschäftigt.

taz: Herr Rudek, die Initiative Berliner Wassertisch hat jetzt vier Monate Zeit, um 172.000 Unterschriften zu sammeln. In der ersten Stufe des Volksbegehrens hatten Sie zwei Monate mehr Zeit und kamen auf 36.000 Unterschriften. Schaffen Sie die 172.000?

Thomas Rudek: Die zweite Stufe hat natürlich eine ganz andere Qualität. Die Aufmerksamkeit ist viel höher, die der Menschen und hoffentlich auch die der Medien.

Die Regierungsfraktionen wollen das Informationsfreiheitsgesetz ändern. Damit sollen auch die bislang geheimen Verträge zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe veröffentlicht werden. Glauben Sie, dass das Volksbegehren dadurch geschwächt wird?

Die Politik ist durch das Volksbegehren unter Zugzwang. Doch die Aktivität ist in diesem Fall eine Scheinaktivität, die von unserem Volksbegehren ablenken soll. Denn mit dem neuen Informationsfreiheitsgesetz gibt es noch lange keine Offenlegung der Wasserverträge.

Warum nicht?

In der Fassung, die gerade diskutiert wird, steht, dass ein bereits geschlossener Vertrag, der Verschwiegenheitsklauseln enthält, neu verhandelt werden soll. Erst der neue Vertrag wird dann veröffentlicht. Wir befürchten, dass inhaltlich heikle Punkte entfernt werden. Und wir wollen, dass genau diese heiklen Punkte öffentlich gemacht werden, um sie anfechten zu können.

Sie spielen auf Paragraf 7 des Gesetzesentwurfs an. Da steht auch: Wenn die Nachverhandlungen scheitern, wird der Vertrag nur veröffentlicht, wenn „das Informationsinteresse das private Geheimhaltungsinteresse erheblich überwiegt“. Darüber werden wohl Gerichte entscheiden müssen.

So ist es. Und wir rechnen damit, dass die betroffenen Unternehmen gegen die Veröffentlichung klagen. Wenn das durch die gesamten Instanzen geht, kann das über zehn Jahren dauern. Wir könnten also mit einer Veröffentlichung frühestens im Jahr 2020 rechnen. Und bis dahin steigen die Wasserpreise weiter.

Ist das Gesetz nicht trotzdem für neue Verträge sinnvoll?

Es hat vor allem zwei Schwächen: Die erste ist, dass Verträge nicht veröffentlicht werden müssen, wenn den Unternehmen wirtschaftlicher Schaden droht. Die zweite ist, dass über die Veröffentlichung genau die Behörde entscheidet, die den Vertrag abgeschlossen hat. Bürgernähe und Transparenz sehen anders aus.

Ihr Ziel ist nicht nur die Offenlegung der Verträge, Sie wollen auch, dass die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe rückgängig gemacht wird. Wie wollen Sie das erreichen?

Zuerst müssen die Geheimverträge offengelegt werden. Wir sind sicher, dass wir dann zentrale Passagen juristisch zu Fall bringen werden.

Mit welchem Argument?

Es sind sittenwidrige Verträge, die über mehrere Legislaturperioden abgeschlossen wurden, zulasten Dritter, nämlich der Verbraucher. Einzelne Passagen sind eindeutig rechtswidrig. Wir wollen hier noch nicht zu viel verraten, damit sich die Juristen von RWE und Veolia nicht jetzt schon eine Gegenstrategie ausdenken können.

„In drei Jahren könnten die Wasserbetriebe wieder Berlin gehören“

Wann könnte es so weit sein, dass die Wasserversorgung wieder ganz Berlin gehört?

Das hängt maßgeblich vom politischen Willen und dem Druck ab, den wir aufbauen können. Ich glaube, dass wir in drei Jahren so weit sein können.

Trotz eines zu erwartenden Rechtsstreits?

Ich bin mir sicher, wenn sich viele Bürger, sagen wir eine Million, für die Offenlegung der Geheimverträge aussprechen, dann werden die Unternehmen ihr Gesicht nicht in einem Rechtsstreit verlieren wollen.

INTERVIEW: SVENJA BERGT