Taktisch herausragender Auftritt

DAS DEUTSCHE LAUFSPIEL Die Taktik von Joachim Löw ging grandios auf: die Engländer aus der eigenen Hälfte locken und dann lospreschen

Als in der zweiten Hälfte noch mehr Platz frei wurde, rasten die Deutschen nach Belieben nach vorn

JOHANNESBURG taz | Joachim Löw war begeistert von seinem Team. „Taktisch herausragend“ habe es agiert. Schlüssel zum Erfolg war die vorherige perfekte Analyse des englischen Spiels zusammen mit DFB-Chefscout Urs Siegenthaler. Zunächst ging es darum, im Mittelfeld ein Übergewicht herzustellen. Weil sich Steven Gerrard und Frank Lampard immer wieder nach vorn orientierten, um die Stürmer zu unterstützen, entstand Platz im Mittelfeld. Miroslav Klose hatte den Auftrag, John Terry aus dem Zentrum der Innenverteidigung herauszulocken. Dadurch entstanden Lücken in der englischen Abwehr; der Platz, den das schnelle Laufspiel braucht, war da.

Das funktionierte von Beginn an genau so, wie sich Löw das vorgestellt hat. Terry und Matthew Upson in der Innenverteidigung konnten dem Tempo der heraneilenden deutschen Angreifer Lukas Podolski, Thomas Müller und Klose nicht folgen. Als in der zweiten Hälfte aufgrund der englischen Angriffsbemühungen noch mehr Platz frei wurde, da rasten die Deutschen beinahe nach Belieben nach vorn. Der Auftritt der Deutschen erinnerte an die taktisch ebenso herausragende Leistung im Viertelfinale der EM gegen Portugal, in dem es ebenfalls gelang, ein Übergewicht im Mittelfeld herzustellen. Was den Spielern in diesen beiden Partien Vertrauen gab, waren jeweils frühe Tore. Am Sonntag traf Klose in der 20. Minute, gegen Portugal war es Bastian Schweinsteiger, der nach 22 Minuten traf. Das deutsche Spiel funktioniert immer dann besonders gut, wenn es gelingt, den Gegner aus der eigenen Hälfte zu locken. Tore sind da das beste Lockmittel. ANDREAS RÜTTENAUER