Integration
: Von Chancengleichheit keine Rede

Nordrhein-Westfalens CDU-Integrationsminister Armin Laschet fordert mehr Zuwanderung – und kann sich auf harte Zahlen stützen: 13,2 Milliarden Euro – so hoch waren im Jahr 2002 die Konsumausgaben der türkischen Haushalte, die nur ein gutes Viertel der Migranten in Deutschland stellen. Hinzu kommt ein Sparvolumen von 2,8 Milliarden Euro. Und: Ohne die höheren Geburtenraten der Zuwanderer würden die sozialen Sicherungssysteme noch schneller ins Wanken geraten.

KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA

Menschen mit Migrationshintergrund sind ein ernst zu nehmender Wirtschaftsfaktor. Dennoch leisten sich Unionsfürsten wie Edmund Stoiber eine Rhetorik am Rande der Ausländerfeindlichkeit: Wer sich nicht integriert, „der braucht dann auch nicht hier zu bleiben“, findet der CSU-Vorsitzende.

Minister Laschet dagegen will Migranten zum Bleiben bewegen und setzt auf die Schlüsselqualifikation Sprache. Das ist zweifellos richtig – und doch ist Laschet ein Exot in der eigenen Partei: Die für einen Christdemokraten frappierende Offenheit, mit der Laschet Deutschland vor wenigen Monaten zum Einwanderungsland erklärte, sorgte für einen Sturm der Entrüstung. Parteifreunde protestierten in der Springer-Presse, Regierungschef Rüttgers ging auf Distanz.

Geändert hat sich das auch im Vorfeld des Integrationsgipfels der Bundeskanzlerin nicht. Die Politik, allen voran die der Christdemokraten, definiert Integration vor allem als Pflichtenkatalog der Zuwanderer. Von Chancengleichheit aber ist keine Rede – noch immer verlassen über 40 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund das deutsche Schulsystem ohne jeden Abschluss. Vernachlässigt wird dabei: Die Zahl der in Deutschland lebenden Türken etwa sank von 1998 bis 2003 um 300.000 auf 1,8 Millionen. Die Zuwanderer könnten auch wieder gehen – zum Schaden der Republik.