„Zumindest eine knackige politische Aktion“

Ein Gespräch über die Aussichten des geplanten Studiengebührenboykotts in Hannover mit dem Verwaltungsrechtler Wilhelm Achelpöhler, der das „Aktionsbündnis gegen Studiengebühren“ berät und in Musterklageverfahren vertritt

taz: Herr Achelpöhler, in Nordrhein-Westfalen begründete man die Einführung der Langzeitstudiengebühren unter anderem mit der „Gewährleistung von Rationalität und Ernsthaftigkeit des Studiums“. Konnten Sie ohne ernsthaft studieren?

Wilhelm Achelpöhler: Ich war nicht der Student, der nur im Kämmerchen sitzt, um sich auf seine spätere Berufstätigkeit vorzubereiten. So ließ ich mich durch Dinge wie Hochschulpolitik sehr von meinem Studium ablenken. Deshalb bin ich etwas missraten und nicht so geworden, wie die Bildungspolitiker – nicht nur in Nordrhein-Westfalen – sich das wünschen.

Bis April 2007 sollen alle niedersächsischen Studierenden rund 500 Euro Studiengebühren pro Semester zahlen. Viele von ihnen planen, die Zeche zu prellen. Wie kann das gehen?

Die Hannoveraner Studenten haben sich ein Modell zum Studiengebührenboykott ausgedacht. Anstatt zu zahlen, wollen sie Anträge auf Studiengebührenkredite sammeln. Diese werden dann nicht weitergeleitet, wenn ein noch festzulegender Anteil der Studierenden – etwa 30 Prozent – mitmacht. Dann deklarieren die Studierenden die Gebühr als gescheitert. Man setzt also darauf, dass das Land Niedersachsen lieber darauf verzichtet, 30 Prozent der Studierenden zu exmatrikulieren, weil sie ihre Gebühren nicht gezahlt haben.

Glauben Sie an einen Erfolg?

Zumindest ist es eine knackige politische Aktion. Und eines wird sie auf jeden Fall erreichen: eine massenhafte Demonstration des Neins der Studierenden. Wenn die Quote tatsächlich geschafft wird, steht das Land Niedersachsen vor einem großen Problem.

Sie bezeichnen Studiengebühren als verfassungswidrig. Warum?

Das Grundgesetz enthält zwar keine Garantie auf ein gebührenfreies Studium, aber es gibt Schranken für die Einführung von Studiengebühren. Wenn Studierende, die mitten im Studium stecken und gebührenfrei angefangen haben, zur Zahlung von Studiengebühren herangezogen werden, stellt sich die Frage der Rückwirkung des Gesetzes.

Ziehen jetzt alle Oldenburger, Hannoveraner, und Lüneburger Studierenden nach Mainz?

Das glaube ich nicht. Ein Großteil der Studierenden ist deshalb in Oldenburg, Hannover oder Braunschweig eingeschrieben, weil die Eltern in der Nähe wohnen und mit ihnen die wichtigste finanzielle Stütze. Andererseits ist diese Gruppe besonders hart getroffen.

Wie viel Geld hatten Sie während Ihrer Studienzeit monatlich zur Verfügung?

So ungefähr 600 Mark …

Was sind da schon 83 Euro?

Mein WG-Zimmer kostete schon 230 Mark. Da hätte ich nicht mehr viel zu beißen gehabt.

Interview: OLIVER WASSE