Der Doppelpass in die Tiefe

Zweifachtorschütze Lukas Podolski hat beim 2:0-Sieg gegen Schweden endlich kapiert: Er muss den überragenden Kollegen Miroslav Klose suchen, wenn er Erfolg haben will

MÜNCHEN taz ■ Nein, sagt Lukas Podolski, er müsse nicht „am Boden gehalten werden“. Er werde nicht abheben. Trotz seiner zwei Tore beim 2:0-Erfolg im WM-Achtelfinale gegen Schweden. Es sind Sätze, die man halt so sagt, wenn Journalisten fragen und man keine richtige Lust zu antworten hat. Der Stürmer sitzt wieder mal auf dem Podium der DFB-Pressekonferenz in Berlin und gibt jene kurzen Statements ab, für die er bekannt ist. Medienchef Harald Stenger gibt sich alle Mühe, das Frage-Antwort-Spiel anzukurbeln. Aber bei Podolski ist das gar nicht so einfach. Manchmal ist der maulfaule Kerl sogar richtig dreist und lügt. Miroslav Klose habe ihn neulich nicht kritisiert, sondern „nur die Medien“, behauptet Podolski.

Das stimmt natürlich nicht. Klose hat seinen Sturmpartner selbstverständlich kritisiert, einige Schreiber waren live dabei, aber Podolski muss noch lernen, dass Kritik nicht unbedingt etwas Schlechtes ist. Klose wollte einen aktiveren Podolski neben sich haben, einen, der auf „Pässe in die Tiefe“ reagiert, das feine Zusammenspiel mit dem Profi des SV Werder Bremen pflegt und sich nicht im Mittelfeld hinter der Abwehrreihe des Gegners versteckt. Weil aus der Anmerkung Kloses eine kleine Affäre gemacht wurde, musste Podolski neulich erklären, das Angriffsduo verstehe sich prächtig. Das konnte man jetzt, gegen die Schweden auch auf dem Platz in München sehen. Die Verkrampfung des überehrgeizigen Neubayern Podolski hat sich nach dem Achtelfinale gegen Schweden wohl gelöst. Klose und Podolski spielten miteinander. Und wie!

Klose, der auffälligste Akteur der Weltmeisterschaft und seit Wochen in bestechender Form, hatte sich schon in der vierten Minute an einem schwedischen Verteidiger vorbeigedribbelt und aufs Tor geschossen. Den Abpraller verwertete Podolski. Auch beim 2:0 überzeugte Klose, zog zwei schwedische Defensive auf sich und spielte den Pass auf den Kollegen. Er traf erneut.

„War auch ein bisschen Glück dabei“, sagte Podolski nachher. „Wir wollten direkt draufgehen, weil es war ja so heiß.“ Sie gingen tatsächlich in der ersten halben Stunde „hochaggressiv“ (Klinsmann) zu Werke. „Für mich ist es wichtig voranzugehen“, sagte Klose – und in Richtung Podolski erklärte er: „Er ist ein Knipser und für uns sehr wichtig. Er hatte es am Anfang schwer, aber nach seinem Tor in Berlin wusste ich, dass die WM für ihn jetzt losgeht.“ Und weiter: „Wir haben uns gefunden und zusammengeschweißt. Wir sind noch lange nicht am Ziel. Wir haben noch viel vor.“

Klose will endlich auch in den Ausscheidungsspielen der WM treffen – nicht nur in der Vorrunde. Podolski will seinen Kollegen einholen und mindestens auf vier Tore kommen. Zwischen den beiden tobt ein fruchtbarer Konkurrenzkampf, sie spornen sich an, zumal Podolski endlich aufgegangen ist, dass er Klose suchen muss, wenn er zum Erfolg kommen will. Man könnte auch sagen: Klose hat dem Jungen den Eigensinn ausgetrieben.

Lukas Podolski freut sich auf die Argentinier im Viertelfinale am Freitag. „Ich spiele lieber gegen solche“, sagte er. „Die stehen nicht nur hinten drin.“ Miroslav Klose wird das ähnlich sehen. Beide wissen, dass von ihren kongenialen Kreationen nun viel abhängt, denn in der Freitagspartie der hochorganisierten Kickerkollektive Deutschland und Argentinien sind begnadete Einzelkönner gefragt: Sie könnten Klose und Podolski heißen. MARKUS VÖLKER