Zigaretten stinken
: Keine Kompromisse

betr.: „Die Ausgrenzung der Raucher“ Kommentar von Bettina Gaus, taz vom 20. 6. 06

Sicherlich wird beim Thema Rauchen stark polarisiert. Das liegt aber an der besonderen Konstellation: Man ist entweder Raucher oder Nichtraucher. Zudem ist Rauchen kein privates, abgetrenntes, sondern oft öffentliches Vergnügen, mit direkten Auswirkungen auf andere, und um diese geht es den Nichtrauchern.

Nun gibt es einen Imagewandel bei der Zigarette. War sie mal Zeichen von Wohlstand oder Lebensart, hochwertiges Tauschmittel auf dem Schwarzmarkt oder Stimmungsheber fremder Armeen, sinkt ihr Ansehen mit dem zunehmenden Blick auf Gesundheit und Jugendlichkeit. Damit tritt ein Wandel beim Nichtraucher im persönlichen Empfinden ein. Die Zigarette riecht nicht mehr, sondern stinkt, der Rauch in Kneipen brennt nicht mehr nur in den Augen, er macht mir auch noch Krebs. Die Nichtraucher sind nun immer weniger bereit, die Kehrseite des Zigarettengenusses der anderen zu tragen. Das hat wenig mit Ausgrenzung und Feindbildern zu tun, sondern mit purem Egoismus.

Auch entsteht sicher bei einem gemeinsamen Interesse ein Gemeinschaftsgefühl, vielleicht auch wohlig, aber dieses wird nicht nur Nichtrauchern, sondern auch den Rauchern zuteil, gewürzt mit dem Gefühl der Toleranz gegenüber den Nichtrauchern, die man ja überall nichtrauchen lässt.

MICHAEL REESE, Berlin