Noch ein Streik von Krankenhausärzten

Ab heute streiken die Ärzte an den kommunalen Krankenhäusern. Schwerpunkt der Proteste ist Bayern. Die Arbeitgeber wehren ab: Im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes sei alles schon geregelt, die Krankenhäuser müssten ihn nur anwenden

Von ANNA LEHMANN

Kaum zwei Wochen nachdem ihre KollegInnen an den Landeskrankenhäusern wieder in ihre Kittel geschlüpft sind, hängen die Mediziner an den kommunalen Kliniken diese heute an den Haken. Gestreikt wird an einigen Krankenhäusern Bayerns, unter anderem in München und Augsburg. Auch in Frankfurt-Höchst halten die Ärzte heute nur die Notfallversorgung aufrecht. Weitere Kliniken in Hessen, im Saarland, in Baden-Württemberg und in Bremen schließen sich im Laufe der Woche an.

Insgesamt werden nach Auskunft der Ärztevertreter 20 bis 30 der rund 700 kommunalen Kliniken in dieser Woche bestreikt. „Wir werden langsam anfangen“, sagte der Sprecher der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Athanasios Drougias. Sollten die in der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) organisierten Dienstherren am Ende der Woche kein Angebot vorlegen, würden die Streiks ausgeweitet. Am Wochenende hatten 97 Prozent der Mitglieder für Arbeitsniederlegungen gestimmt.

Das Hauptziel der neuerlichen Proteste ist ein ärztespezifischer Tarifvertrag, in dem unter anderem geregelte Arbeitszeiten und bessere Bezahlung festgeschrieben werden. Außerdem fordert der Marburger Bund, dass Überstunden computergesteuert dokumentiert und voll vergütet werden.

Die Arbeitgeber verweisen die ÄrztInnen auf den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD). Dieser schließt auch ärztespezifische Regelungen ein. „Alles was der Marburger Bund glaubt, noch regeln zu müssen, können wir auf Grundlage dieses Vertrags tun“, sagte der VKA-Verhandlungsführer Otto Foit zur taz. Zudem seien Forderungen, wie die nach geregelten Arbeitszeiten längst Tarifrecht. So beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 38,5 Stunden, maximal darf sie mit Bereitschaftsdiensten auf 58 Stunden aufgestockt werden. Auch erhalten die Mediziner an den kommunalen Häusern weiterhin ihr Weihnachts- und Urlaubsgeld. „Wir haben geordnete Verhältnisse. Alle anderen Probleme sind Probleme des jeweiligen Krankenhauses, dafür braucht niemand auf die Straße gehen“, appellierte Foit an die Adresse der Ärzte. Er warf dem Marburger Bund vor, wegen eines dezidiert eigenständigen Vertrags die Patientenversorgung zu gefährden. „Die kommunalen Krankenhäuser sichern die Versorgung vor Ort, ein flächendeckender Streik trifft die Patienten anders, als wenn ein paar Unikliniken streiken.“

Die Arbeitgeber fordern den Marburger Bund auf, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, die dieser am Freitag für gescheitert erklärt hatte. Ein anderes Angebot als das auf Basis des TVöD werde es aber nicht geben, sagte Foit, selbst wenn sich die Verluste der Kliniken summieren könnten, die Vertreter der Unikliniken seinerzeit auf rund 200.000 Euro pro Streiktag bezifferten. „Wir haben die Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Dauerhaft höhere Kosten werden viele Häuser ruinieren“, prognostizierte Foit.

Auf eine konkrete Lohnforderung verzichtet der Marburger Bund diesmal. Drougias sprach lediglich von einer deutlichen Anhebung des Grundgehalts, das sich etwa der Bezahlung französischer Ärzte nähern solle. Diese verdienen einer britischen Erhebung zufolge etwa 8.600 Euro im Monat, doch differieren die Gehälter erheblich.