„Die Situation momentan ist unbefriedigend“

SCHIEDSRICHTER II Der ehemalige Referee Walter Eschweiler ist über die Fehler seiner Kollegen entsetzt, rät aber von großen Reformen ab

■  74, gehörte von den 70er Jahren bis Anfang der 90er Jahre zu den bekanntesten deutschen Schiedsrichtern.

taz: Herr Eschweiler, schämen Sie sich als ehemaliger Schiedsrichter für Ihre Kollegen, die gerade die Weltmeisterschaft verpfeifen?

Walter Eschweiler: Man kann nur mit dem Kopf schütteln bei so mancher Entscheidung, die getroffen wurde. Das ist besonders tragisch, wenn man bedenkt, dass sich die einzelnen Länder in einem langwierigen Prozess für die Weltmeisterschaft qualifiziert haben.

Warum tut sich die Fifa so schwer, den Videobeweis einzuführen, den Ball mit Chip oder die Torkamera?

Sie dürfen nicht vergessen, dass dann die Fußballregeln geändert werden müssten. Und der International Football Association Board (Ifab), der dafür zuständig ist, hätte damit große, große Probleme. Wir hätten dann zweierlei Regeln, einmal für den Profibereich und einmal für den Amateurfußball. Ich finde, das geht nicht. Eigentlich.

Warum nicht?

Die Regeln im Fußball sind wunderbar einfach, das sollen sie auch bleiben. Ich fürchte, dass wir auch weiterhin mit den Fehlern der Schiedsrichter leben müssen.

Wirklich?

Die Schiedsrichter sind natürlich in der Pflicht, an sich zu arbeiten und Selbstkritik zu üben.

Warum soll der Schiedsrichter bei einem krassen Fehler allein die Last der Verantwortung tragen, wenn es doch die Technik gibt?

Ich gebe ja zu: Die Situation momentan ist unbefriedigend. Aber die Fußballregeln kann ausschließlich nur die Ifab ändern, vielleicht macht sie das ja auch nach der Weltmeisterschaft in Südafrika. Bei allen Überlegungen darf man aber nicht vergessen: Dann hätten wir zweierlei Regelwerke. Das Spiel wäre ein anderes. Und ich frage mich, ob unser schöner Fußball dann noch so erfolgreich und begehrenswert ist.

Können Sie sich denn an eine Weltmeisterschaft mit so krassen Fehlentscheidungen erinnern?

Kurz und knapp: nein.

Was war denn Ihr größter Fehler im Schiedsrichterdress?

Ich bin in der glücklichen Lage zu sagen, dass ich immer Schwein und Glück gehabt habe. So was wie in Bloemfontein ist mir nicht passiert. INTERVIEW: MARKUS VÖLKER