schlägt deutschland argentinien?
: Ein Spaziergang

Deutschland besiegt Argentinien, sagt Jan Feddersen. Grund: Aufs Netzwerken kommt es an

Schweden sei ja gar nicht so gut gewesen, Ecuador, Costa Rica und Polen kaum mehr als leichte Beute. Aber jetzt sei Schluss. Weil: Argentinien! Ein Name wie Weihrauch. Klassefußball, Maradona, zweimal Weltmeister, Che Guevara und Tango – ein Land echter Menschen. Gern erinnert man sich an das 6:0 gegen Serbien: Und die sollen bezwingbar sein?

Selbstverständlich. In der Annahme, gegen Argentinien, die edlen Wilden, müssen die dekadenten, triebgehemmten, gartenzwerghaften Deutschen, verlieren, steckt die Fantasie, die Spieler um Michael Ballack seien quasi genetisch unfähig, mitreißenden Fußball zu spielen. Weil deutsch tumb und doof sei.

Ist es aber nicht (mehr). So wird es in Wirklichkeit anders kommen, jede Wette. Argentinien ist ein Haufen von Artisten, die sich auf Solonummern verstehen, aber nicht auf feinste Netzwerkerei. Messi mag hübsch tänzeln, but it takes two to Tango, nicht wahr? Das gilt auch für einen Crespo und für das ganze Rudel dieser Equipe, ob Tevez oder Saviola. Sie spielen brillant, geht es gegen die Zwerglein der Branche, also gegen Serbien und Montenegro. Hat man die Elfenbeinküste vor sich, gewinnt man nur der Routine wegen, nicht weil man eine Klasse besser ist.

Schneider, Klose, Lehmann und Co. mögen mehr durch Marschfox geprägt worden sein, nicht durch hitzigen Tango: Aber sie verkörpern zusammen die bessere Mannschaft, sie funktionieren nicht gegeneinander gekränkt. So müssen sie keine Nerven haben – unnötig, wenn Fußball, typisch Klinsmann, nach kybernetischem Prinzip gespielt wird: als Angelegenheit von vierten Dimensionen, nicht nur von Solonummern mit Quasizufallskontakten zu Mitspielern.

Die Partie gegen Argentinien, so gesehen, wird ein Spaziergang. Ein ästhetischer, ein solcher des neuen Verständnisses vom Team sui generis: eine Bewegung „round in circles“ (Kristin Hersh), nicht in Sturmläufen.

Klinsmann, ein Mann modern grünen Weltverständnisses, schätzt erste Geigen, aber diese nur im Orchester, nie gegen es. Insofern verkörpert er eine Mentalität, die nah der Angela Merkels ist: das Gewünschte vom Ende her durchrechnen, nicht als Prinzip Hoffnung mit Glücksanspruch, also eines ohne Verstand. Argentinien lebt von der Machoallürenhaftigkeit, was am krassesten durch den gagaesken Maradona auf den Tribünen verkörpert wird. Ein Macker, dessen Begeisterung ultranarzisstisch wirkt, also nicht teamorientiert. Argentinien ist immer noch Maradona – deshalb nimmt Klinsmania kein Ende. JAN FEDDERSEN