Kroatischer Ex-Offizier wieder auf freiem Fuß

GEHEIMDIENSTE Josip Perkovic soll 1983 an einem Mord in Bayern beteiligt gewesen sein. Nun muss ein kroatisches Gericht darüber befinden, ob einem Antrag Berlins, ihn auszuliefern, stattgegeben wird

SARAJEVO taz | Kaum war er am Neujahrstag festgenommen worden, kam er schon zwei Tage später wieder frei. Der von Deutschland gesuchte kroatische Geheimdienstmitarbeiter Josip Perkovic muss allerdings in Zagreb bleiben, bis über eine mögliche Auslieferung an die Bundesrepublik entschieden ist. Er musste demnach sowohl seinen Personalausweis als auch seinen Reisepass abgeben.

Nach Aussagen seines Rechtsanwalts Anto Nobilo wird nun ein Gericht über die Zukunft von Josip Perkovic und des ebenfalls von einem Auslieferungsbegehren Deutschlands betroffenen ehemaligen Chefs des Geheimdienstes der Republik Kroatien im ehemaligen Jugoslawien, Zdravko Mustac, entscheiden. Am Neujahrstag wurden noch zehn andere ehemalige Mitarbeiter des Geheimdienstes festgenommen. Die Entscheidung über eine Auslieferung könnte schon in einigen Tagen fallen.

Mit der Verhaftung von Perkovic kamen die kroatischen Behörden dem Druck der EU entgegen, die auf deutschen Wunsch hin vehement die Auslieferung des Geheimdienstmannes gefordert und sogar mit Wirtschaftssanktionen gedroht hatte. Kroatiens sozialdemokratische Regierung hatte sich dem Druck gebeugt und vor einigen Wochen ein Gesetz erlassen, das die Auslieferung Perkovics möglich machte. Dabei hatte gerade diese Regierung noch drei Tage vor dem Beitritt des Landes zur EU am 1. Juli 2013 versucht, mit einer entgegengesetzten Gesetzesänderung Perkovic zu schützen.

Perkovic und Mustac sind schillernde Figuren. Beide waren Mitarbeiter des Geheimdienstes des nicht mehr existierenden Staates Jugoslawien, des UDBA. Nach der Unabhängigkeitserklärung Kroatiens im Juni 1991 wurde der Exkommunist Perkovic führendes Mitglied des Geheimdienstes des neuen Staates. In den letzten Jahren war der 1945 geborene Kroate als Berater des militärischen Geheimdienstes Kroatiens tätig. Sein Sohn stieg zu einem führenden Geheimdienstmann auf, bis heute steht er dem kroatischen Präsidenten Ivo Josipovic nahe.

Was die Deutschen dazu veranlasste, so vehement auf der Auslieferung Perkovics zu bestehen, hat in diplomatischen Kreisen Verwunderung hervorgerufen. Immerhin gehört Perkovic zu den Geheimnisträgern eines befreundeten Staates. Vordergründig geht es um den Mord an dem Geschäftsmann Stjepan Djurekovic 1983 in Wolfratshausen bei München. Mit dem Fall Perkovic wird eine als überwunden geglaubte Geschichte wieder aufgewühlt.

Dass in den siebziger und achtziger Jahren Westdeutschland Schauplatz eines blutigen Kampfes zwischen nationalistischen Exilkroaten und dem damaligen jugoslawischen Geheimdienst mit mehr als 70 Toten war, ist zwar öffentlich bekannt. In seinen Einzelheiten sind die Geschehnisse von damals jedoch noch nicht vollständig aufgeklärt. Das Gerichtsverfahren könnte dazu beitragen.

Fraglich ist allerdings, ob das Gericht auch Vertreter der deutschen Behörden als Zeugen lädt. Nach Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern des UDBA gegenüber der taz hatten die deutschen Behörden sowohl zur jugoslawischen Seite als auch zu den Exilkroaten Kontakte. Der damalige Innenminister Gerhart Baum und Ex-BND-Chef Klaus Kinkel könnten zur Aufklärung beitragen, erklärten die Quellen.

Josip Perkovic war mit dem Kampf gegen die damals zumeist rechtsradikalen Exilkroaten befasst, die eine Reihe von Anschlägen in Deutschland und in Kroatien gegen Vertreter des Regimes ausführten.

Das BKA ist überzeugt, dass Perkovic hinter dem Mord an Djurekovic steckt. Ob sich das nachweisen lässt, ist fraglich. Im Geheimdienst UDBA konnten die Geheimdienstleute einer jugoslawischen Teilrepublik zwar Todesurteile vorschlagen, so die Quellen gegenüber der taz, ausgesprochen aber wurden diese Urteile von Geheimgerichten der Zentrale in Belgrad. Die beauftragte dann Killer zur Ausführung der Morde. ERICH RATHFELDER