: „Varatt“ wird falsch
RECHTSCHREIBUNG Schulsenator Rabe verbietet die umstrittene Lehrmethode „Schreiben durch Lesen“
Bildungssenator Ties Rabe (SPD) will Hamburgs Deutschlehrer auf Kurs bringen. „Methoden, nach denen die Kinder monate- oder jahrelang nicht auf die richtige Rechtschreibung achten müssen, sind in Hamburg unzulässig“, beendet der Senator die Diskussion um die effektivste Art, Grundschülern das Schreiben beizubringen.
Die weit verbreitete, auf den Reformpädagogen Jürgen Reichen zurückgehende Methode „Schreiben durch Lesen“ darf damit nicht mehr angewandt werden. Nach ihr lernen Kinder zunächst, gehörte Worte phonetisch korrekt in Schrift umzusetzen, bevor sie dann später Rechtschreibregeln üben. „Varatt“ wäre zunächst erlaubt, „Fahrrad“ würde erst später eingeübt.
Mit einer „Handreichung“ will die Behörde alle Pädagogen auf diesen Kurs einschwören. Die Methodenverengung ist eine der Maßnahmen, mit denen Rabe den „Rückgang der Rechtschreibfähigkeit“ umkehren will, der bundesweit in den achtziger Jahren eingesetzt hat. Daneben sollen „verbindliche Rechtschreibtests“ in allen Stufen den Leistungsstand abprüfen.
Zudem soll nach bayrischem Vorbild ein Kernwortschatz von 800 Wörtern, die häufig vorkommen oder zur Erklärung von Rechtschreibregeln gut geeignet sind, in der Grundschule verbindlich „eingeübt“ werden. Die Maßnahmen sollen bereits im kommenden Schuljahr „Schritt für Schritt umgesetzt“ werden.
Die Abgeordnete der Grünen, Stefanie von Berg sieht Rabe „vom konservativen Lager und von diffusen Stimmungen in der Stadt getrieben“ und hält seine Vorschläge für „unverantwortlich“. Sein Reformpaket berge die Gefahr, „dass der Rechtschreibunterricht zu einem stupiden Auswendiglernen verkommt“.
Dora Heyenn, Fraktionschefin der Linken, sieht die Lehrkräfte durch Kernwortschatz und Rechtschreibtests „an die kurze Leine gelegt“. Ein Verbot des Konzepts „Lesen durch Schreiben“ werde „zu einer pädagogischen Verarmung in Hamburgs Grundschulen führen“. MAC
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen