Einblick (506)

KÄTHE KRUSE, BILDENDE KÜNSTLERIN/EXPERIMENTELLE MUSIKERIN/AUTORIN

■ Käthe Kruse wurde 1958 in Bünde/Westfalen geboren, lebt seit 1981 in Berlin. Sie war von 1982 bis 1987 Mitglied der Gruppe Die Tödliche Doris, hatte unter anderem Ausstellungen und Performances im Museum of Modern Art, New York, Musée d’Art Moderne, Paris, documenta 8, Kassel, Quattro, Tokio, studierte von 1990 bis 1997 Visuelle Kommunikation an der Hochschule der Künste Berlin, Diplom und Meisterschülerin. Bis zum 18. 1. 2014 sind ihre Werke in einer Soloshow in der Zwinger Galerie zu sehen (siehe Tipp).

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?Käthe Kruse: Christoph Schlingensief in den Kunstwerken hat mich sehr begeistert. In sein extremes und vielgestaltiges Werk in dieser großartig inszenierten und umfangreichen Ausstellung für Stunden einzutauchen, das bringt Energie und ist äußerst anregend. Man wird regelrecht hineingezogen in seine Bilderwelten, sein Gewusel, seinen Lärm, seine Aktionen, seinen fantastischen Humor. Nie zuvor habe ich in einer Ausstellung so häufig schallend gelacht oder bin merkwürdig versteift im Sessellift an der Wand hochgefahren. Zuvor musste ich unterschreiben, dass ich bei einem Absturz die Krankenhauskosten nebst Transport zu zahlen habe, aber den Krankenwagen würden sie schon noch rufen. Toll, und schon hat man Angst, der Lift könnte über das Ziel hinausschießen. Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen? Ich gehe gerne ins Berghain. Die Musik ist meistens sehr gut und am liebsten gehe ich Sonntagnachmittags hin. Frisch, ausgeschlafen und gefrühstückt kann ich den ganzen Sonntag tanzen, trinken und das Gefühl von Nachtleben genießen. Die Leute sind herrlich berauscht, die Stimmung ist angenehm, ab und an wird die Verdunkelung hochgefahren und das Tageslicht beißt in den Augen, alle jubeln und dann wird es wieder dunkel. Um Mitternacht gehe ich nach Hause und Montag ist Montag. Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich durch den Alltag? Arch+ Zeitschrift für Architektur und Städtebau, ein ganzes Heft über Berlin, über eine Architektur der Aneignung, eine Architektur, die aus dem Provisorischen und Improvisierten gelernt hat, wie man Räume mit wenig Mitteln gestalten kann, die alt und neu nicht als Gegensätze, sondern als gleichwertige Bauteile sieht. Und die Romane von Theodor Fontane, die das Berlin von vor den Kriegen beschreiben, in dem auch viel gebaut wurde und ein Gewirr von engen Höfen in Hinter- und Seitenhäusern entstand, als Effi Briest in der Keithstraße über das Trockenwohnen nachdenken musste und das Alte neu war. Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir am meisten Freude? Wenn ich Freunde zu Besuch habe und genügend Zeit, um mit ihnen Ausstellungen zu besuchen, durch Berlin zu touren und abends stundenlang bei gutem Essen zu reden oder ein Spielabend.