: Slowenien mit Euros und Problemen
Die EU-Komission schlägt Euro-Wechselkurs vor. Die Architekten des Aufschwungs fürchten neokonservative Wende
LJUBLJANA taz ■ Der Einführung des Euros in Slowenien als einzigem der zehn neuen EU-Mitgliedstaaten am 1. Januar 2007 steht nun nichts mehr im Wege. Gestern fixierte die EU-Kommission den Wechselkurs des Euro auf 239,640 Tolar, was dem bisherigen Kurs in etwa entspricht. Damit kann Slowenien seinen erfolgreichen Integrationskurs fortsetzen.
Dem Land mit seinen 2 Millionen Einwohnern ist es nach der Unabhängigkeit von Jugoslawien vor 15 Jahren gelungen, der Nato und der EU beizutreten, ein solides Wirtschaftswachstum zu erreichen und die Arbeitslosenrate gering zu halten. In den nächsten 15 Jahren, so der konservative Premierminister Janez Janša bei den Feierlichkeiten am Tag der Unabhängigkeit am vergangenen Wochenende, wolle sich sein Land sogar an „die Spitze der Welt“ setzen.
Doch dieses Versprechen ging manchen Besuchern der Veranstaltung zu weit. „Wir leben wohl im Himmel“, rief eine Frau und erntete unter den Anwesenden Gelächter. Denn trotz aller Erfolge ist die Skepsis im ganzen Land gewachsen. Die konservative Regierungskoalition hat in den letzten Monaten versucht, sowohl in der Wirtschaft wie auch in den Medien ihren Einfluss zu erweitern. Viele Manager in den Betrieben wurde ausgetauscht, in dem Flaggschiff des slowenischen Journalismus, der Zeitung Delo, wurde die gesamte Führungsetage erneuert.
Kritiker merken an, diese Einflussnahme der Regierung sei nur möglich, weil die Transition vom Kommunismus in die Marktwirtschaft in Slowenien nicht radikal, sondern Schritt für Schritt vollzogen wurde. „Der Staat hat somit immer noch großen Einfluss auf die Wirtschaft und die Medien“, analysiert Ali Zerdin, bekannter Kommentator der Wochenzeitung Mladina. „Unser Vorteil ist doch, dass der Prozess ohne Eruptionen erfolgte und wir wirtschaftlich deshalb weit besser dastehen als andere Transitionsländer.“
Der ehemalige Präsident des Landes, Milan Kučan, sieht sein Lebenswerk bedroht. Denn der ehemalige Kommunist führte das Land in die Demokratie und die Unabhängigkeit und gilt als der Architekt des sanften Übergangs. „Was die Regierung jetzt vorhat, wird die Balance in der Gesellschaft zerstören.“ Der Einfluss des Staates auf die Wirtschaft sollte weiterhin schrittweise abgebaut werden.
Die Neokonservativen versuchten auch ideologisch, die vorhandenen Gräben in der Gesellschaft zu vertiefen, monieren die Kritiker. Denn nach wie vor spaltet die Diskussion über den Zweiten Weltkrieg die Gesellschaft. Auf der einen Seite stehen die Partisanen, die gegen den Faschismus kämpften, auf der anderen steht die so genannte Heimwehr, die mit dem Naziregime kollaborierte. Beide Seiten begingen Verbrechen an der jeweils anderen. Anstatt über eine vernünftige Debatte die Gräben zu überwinden, schürten die Konservativen jetzt das Feuer.
Der bekannte Journalist Ervin Hladnik-Milharčič sieht als Drahtzieher der Debatte die katholische Kirche des Landes, die jetzt versuche, sowohl in der Frage der Abtreibung wie auch der des Religionsunterrichts an den Schulen die Uhren zurückzustellen. „Die Kirche, ein großer Teil der Manager und die Regierung bilden jetzt eine Koalition, die das Land nach rechts bewegen will.“ Damit würden völlig unnötig soziale und politische Gräben im Lande aufgerissen.
ERICH RATHFELDER