Freier und Kirchenstaat Hamburg

Bürgerschaft beschließt Verträge mit der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen und der Katholischen Kirche

In weltanschaulichen Fragen herrscht Gewissensfreiheit, sogar im Parlament. Ohne Fraktionszwang durften die Abgeordneten der Bürgerschaft gestern über die Staatsverträge debattieren und abstimmen, die der Senat mit der Evangelischen und der Katholischen Kirche ausgehandelt hatte. Sie wurden angenommen: Die CDU stimmte mit einer Ausnahme zu, bei der SPD gab es vier Nein oder Enthaltungen, die Grünen lehnten die Verträge bei zwei Enthaltungen ab.

Die Hauptkritikpunkte in der in ungewöhnlich getragenem Ton gehaltenen Debatte sind der vereinbarte Anspruch auf katholischen Religionsunterricht und die Übernahme der vollen Kosten für kirchliche Kitas durch Hamburg. „Die Verträge gehen zu Lasten der Stadt“, begründete deshalb GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch ihre Ablehnung. Die Verträge seien „ein Relikt aus alten Zeiten, in denen Papst und Kaiser ihre Machtansprüche regelten“.

Für den Erhalt des „Religionsunterrichts für alle“ als „Hamburger Erfolgsmodell“ trat ebenso wie Goetsch auch SPD-Fraktionschef Michael Neumann ein. Der Katholik forderte deshalb „meine Kirche“ auf, auf eigenen konfessionellen Unterricht zu verzichten. Trotz dieser Bedenken werde er den Verträgen zustimmen, erwarte aber vom Senat, auch mit islamischen und anderen Religionsgemeinschaften über weitere Verträge zu verhandeln.

Das wollte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) nicht ausschließen. Nachdrücklich warb er für die beiden Staatsverträge. Denn es sei einfach im Grundsatz wichtig, dass auch Hamburg als letztes Bundesland seine Beziehungen zu den beiden großen christlichen Kirchen vertraglich regele.

Den interfraktionellen Segen der Hamburgischen Bürgerschaft hat er gestern dafür bekommen.

SVEN-MICHAEL VEIT