Susanne Wilbers-Rost gräbt Varus’ Spuren aus
: Nicht nur Militaria sammeln

In dieser Woche hat Susanne Wilbers-Rost die Grabungssaison ihrer Abteilung eröffnet. Bis Ende August wird sie mit den Archäologinnen und Archäologen des Museumsparks Kalkriese nach dem graben, was von einer Schlacht vor rund 2000 Jahren übrig geblieben ist: Einer Schlacht, die Schätzungen zufolge rund 10.000 römische und germanische Soldaten das Leben kostete und von der noch heute jeder Lateinschüler einen Satz kennt: „Varus, Varus, gib‘ mir meine Legionen wieder!“. Das soll Kaiser Augustus gerufen haben, als man ihm mitteilte, dass sein Feldherr Varus bei dem Versuch, das Römische Reich nach Germanien auszudehnen, in einen Hinterhalt gelockt und von den Truppen unter Arminius dem Boden gleich gemacht worden war. Es heißt, dass die Nummern der beteiligten Legionen –17, 18 und 19 – im römischen Heer nie wieder vergeben worden seien – und vermutlich sind es Erzählungen wie diese, die jedes Jahr rund 100.000 Besucher in den Museumspark Kalkriese ziehen.

1990, als Susanne Wilbers-Rost bei den ersten Ausgrabungen in dem nördlich von Osnabrück gelegenen Kalkriese dabei war, gab es noch keinerlei Hinweis darauf, dass man im Begriff war, das viel gesuchte Feld der Varus-Schlacht auszugraben. Nachdem ein englischer Hobby-Archäologe römische Münzen und Militaria entdeckt hatte, ging man zunächst nur ganz allgemein davon aus, Aufschluss über römisches Militär in dem germanischen Gebiet zu erhalten. Stattdessen fand sich das einzige antike – offene – Schlachtfeld in Europa, das in moderner Zeit ausgegraben wird.

Wobei Susanne Wilbers-Rost sehr deutlich macht, dass es ihr weniger um „antike Militaria“ geht, denn darum, „Prozesse zu verstehen“ und „archäologische Grundlagenarbeit“ zu betreiben. Zum Beispiel zu verstehen, warum die Germanen die ausgeplünderten Leichen der Römer nicht bestatteten. Dabei hilft eine wachsende Schar von Freiwilligen, die trotz des unspektakulären Charakters vieler Funde ausdauernd Karren schiebt. Und der gesunde Menschenverstand: „Nicht nur dort, wo viel liegt, ist viel passiert“, sagt die Archäologin. GRÄ