Leben auf Gutschein
: Anstiften zum Beschiss

„Wäre WalMart ein Land, würde es in der Rangliste der Bruttoinlandsprodukte auf Platz 23 in der Welt, zwischen Österreich und Indonesien, stehen“, hat die Welt am Sonntag ausgerechnet. 312 Milliarden Dollar Jahresumsatz macht die zweitgrößte Firma der Welt. Asylbewerber haben 2.700 Euro zur Verfügung – ebenfalls übers Jahr gerechnet. Es ist natürlich obszön, wenn der weltweit größte Einzelhändler diesen Leuten in die Tasche langt, selbst wenn es nur ein paar Euro sind.

Kommentar von JAN KAHLCKE

Aber die Wurzel des Übels liegt ausnahmsweise nicht beim viel gescholtenen Multi: Es ist die Politik, die den Betrug zu Lasten der Schwächsten möglich macht oder sogar nahe legt. Das Gutscheinsystem ist eingeführt worden, um Flüchtlingen das Leben in Deutschland möglichst unangenehm zu machen, ohne dabei gegen die Genfer Konvention zu verstoßen. Sie sollen abhauen. Dazu werden sie systematisch diskriminiert, in ihrer Wahlfreiheit eingeschränkt, stigmatisiert und erniedrigt. Niemand glaubt doch im Ernst, es würde Deutschland schaden, wenn der eine oder andere Asylsuchende mal eine Schachtel Kippen vom ohnehin knappen Essensgeld kauft.

Geht „uns“ alles nichts an? Aufgepasst! Was heute an Flüchtlingen ausprobiert wird, kann morgen schon bei Langzeitarbeitslosen als Druckmittel eingesetzt werden, einen Billigjob anzunehmen.