Der „Weiter so“-Mann tritt an

Der neue Flughafenchef Rainer Schwarz hat vor allem ein Problem: Alles Wichtige haben andere vor ihm entschieden. Er muss vor allem den Bau des Großflughafens skandalfrei über die Bühne bringen

VON ULRICH SCHULTE

Es muss ein seltsames Gefühl sein, einen Job in dem Wissen anzutreten, dass das Entscheidende bereits erledigt ist. Vielleicht gibt sich Rainer Schwarz deshalb alle Mühe, seinen neuen Posten in den höchsten Tönen zu loben. Er habe die „spannendste Aufgabe übernommen, die es derzeit in der Branche gibt“, schwärmt der neue Chef der Berliner Flughäfen. Seit Anfang des Monats ist der 49-jährige Manager für die drei Airports verantwortlich, gestern stellte er seine Pläne vor.

Was er vortrug, lässt sich als entschiedenes „Weiter so!“ übersetzen. Schwarz kommt zu spät. Das jahrzehntelange Hickhack um Standort und Bau des Großflughafens Berlin Brandenburg International (BBI) hat das Bundesverwaltungsgericht kurz vor seinem Antritt beendet. Die Stilllegung Tempelhofs 2007 ist nicht gefährdet, weil CDU und FDP in der Stadt nichts mehr zu sagen haben. Der Billigflieger-Boom bescherte den Airports in den vergangenen Jahren riesige Zuwächse. Selbst die zweistellige Steigerung der Fluggastzahlen fürs erste Halbjahr 2006, die Schwarz bekannt gab, ist die Leistung seines Vorgängers.

Was also kann er anders, gar besser machen? Wichtigste Aufgabe des promovierten Betriebswirtes wird es sein, den Bau des hochumstrittenen, rund 2 Milliarden Euro teuren Großflughafens ohne Skandale über die Bühne zu bringen. Formal mag Schwarz Flughafenchef sein, in Wirklichkeit ist er Betonverwalter. Ein Terminal der kurzen Wege schwebt Schwarz vor, eins, in dem Läden und Cafés für die Fluggäste günstig liegen, in dem wichtige Dinge gebündelt sind. Ein einziges Mietwagenzentrum sei doch eine tolle Sache, sinniert Schwarz, das Kunden und Firmen alles bietet: Autos abgeben, betanken, waschen, ausleihen.

Ansonsten läuft es schlicht zu gut für die Flughäfen, als dass Schwarz, der zuvor den Düsseldorfer Flughafen managte, große Ideen mitbringen müsste. Die Leute fliegen gerne billig, lassen sich von ökologischen Argumenten nicht beirren, die Politik traut sich nicht an die Kerosinsteuer heran. Weiter so also. Berlin habe durch das letztinstanzliche Urteil zum BBI als einziger Flughafen in Deutschland die Möglichkeit, seine Kapazität auszubauen, sagt Schwarz. Frankfurt und München hätten die Grenzen der Belastbarkeit erreicht. So wendet der Neue die Verspätung, mit der der Großflughafen ans Netz gehen wird, ins Positive. Es ist eben alles eine Frage der Sichtweise.

Weiter so auch bei den Billigfliegern. Ein „Innovationsmotor“ seien die Airlines, die weiter wachsen und in den BBI integriert werden müssten, sagt Schwarz. Von der Idee des Drehkreuzes, das in einer Liga mit Paris oder Frankfurt am Main spielt, hat sich der Neue verabschiedet. Am Main starten und landen jedes Jahr über 50 Millionen Menschen, Berlin hofft zur Öffnung des Großflughafens Ende 2011 auf gut 20 Millionen.

Solche Überlegungen verklausuliert Schwarz lieber. „Ich halte es für richtig, das Drehkreuz modular anzustreben“, sagt er dann. Berlin als Mini-Drehkreuz, das hält er für realistisch. „Wir müssen Knoten aufbauen. Berlin kann alles, was aus dem Süden Europas kommt, nach Skandinavien weiterleiten und umgekehrt.“ Viele Kunden würden sich heutzutage Langstreckenverbindungen selbst im Internet zusammenstellen – um zum Beispiel von Warschau über Berlin nach Cork in Irland zu fliegen.

Ebenso wie seine Vorgänger hofft er auf mehr Langstreckenverbindungen; eine nach China soll noch in diesem Jahr angeboten werden. Dabei könnte helfen, das Berlin so weit im Osten liegt. Jets aus Asien sind nach Frankfurt eine Stunde länger unterwegs. „Durch neue, spritsparende Flugzeuge können Flughäfen mit einem guten Einzugsbereich bald problemlos Interkontinentalverkehr organisieren.“ Allem Wachstum zum Trotz, eines kündigt der Neue jetzt schon an: Von derzeit 1.500 Arbeitsplätzen der drei Airports würden nur 1.300 übrig bleiben, sagt Schwarz. So viel zur Jobmaschine.