LESERINNENBRIEFE
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Standhafte Linke

■ betr.: „Was zur Wahl stand – und steht“ u. a., taz vom 2. 7. 10

Hat man ernsthaft geglaubt, dass es gelingen würde, die Linke bei der Bundespräsidentenwahl unter Druck zu setzen und sie als Mehrheitsbeschafferin für den Kandidaten Gauck auf diese schäbige Art und Weise zu gewinnen? Ich freue mich über die Standhaftigkeit dieser Links-Partei und hoffe, dass sie nicht – wie einst auch die Grünen – eines Tages „umfallen“ werden! THOMAS HENSCHKE, Berlin

Unglaubwürdiges Verhalten

■ betr.: „Was zur Wahl stand – und steht“, taz vom 2. 7. 10

Leider kann ich es nicht glauben, dass die Linken Herrn Gauck aus rein parteitaktischen Gründen nicht wählen wollten, denn: Warum funktionieren viele Koalitionen von Linken und SPD oder gar anderen Parteien (in Kommunen und einigen Bundesländern) in der BRD so gut? Weil es hier nicht um Außenpolitik geht? Warum werden die Linken (nach dem Abbruch der Gespräche zur gemeinsamen Regierungsbildung!) in NRW eine SPD-geführte Regierung unterstützen? Geht es bei der Wahl zum Bundespräsidenten nicht um die Person? Warum konnten fast alle Wahlleute der Linken Herrn Gauck nicht wählen, als es nur noch um den Kandidaten Wulff oder Gauck ging? Fragen wir doch einfach mal die Linken! MATHIAS GERKE-KRÖGER

So gewinnt man keine Partner

■ betr.: „Was zur Wahl stand – und steht“, taz vom 2. 7. 10

Dem Kommentar von Bettina Gaus ist wenig hinzuzufügen, insbesondere wenn man ihn mit dem unisonen Gegeifer in der restlichen überregionalen Presse vergleicht. Für einen politisch bewussten Citoyen wird es zwischenzeitlich unerträglich, wie die Parteien, die für Agenda 2010, Finanzmarktliberalisierung und seit 1999 für Beteiligung an militärischen Baustellen stehen, aktuell die Linkspartei behandeln. Der Umgang mit der SED-Vergangenheit – anscheinend der Casus knaxus nach NRW-Wahl und jetzt bei Bundespräsidentenwahl – hat recht wenig mit aktuellen Sachthemen zu tun, die Basis für ein eventuell politisches Bündnis sein könnten. Mit stetem Vorführenwollen gewinnt man keine Partner und kann auch deren Zu- oder Unzuverlässigkeit nicht im Ansatz prüfen. Liest man dazu das Interview mit einer SPD-Nachwuchshoffnung (Schäfer-Gümbel), dann schwant einem Übles ob der Realitätstüchtigkeit einer politischen Klasse, die sich sogar selbstredend im linken (aufgeklärten) Spektrum verortet. HANS GÜNTER GREWER, Saarbrücken

„Die oder wir“

■ betr.: „Auslaufmodell auf der Tribüne“, taz vom 5. 7. 10

Ohne auch nur den Hauch eines Anflugs von Ironie fertigt Jan Feddersen die Regierung als „Konglomerat aus genervter Matronenpseudoheiterkeit der Kanzlerin und Beachvolleyhaftigkeit ihrer neoliberalen Alliierten“ ab.

Wie jeder auf der Fanmeile Fahnen Schwenkende und „Deutschland“ Grölende weiß und wie es auch die deutschen Spieler und ihre Trainer wissen, die solche deutschnationalen Fans allemal als Unterstützung verstehen, ist der von Feddersen aufgemachte Gegensatz von Gemeinsinn einerseits und Kampf und Ausgrenzung andererseits ein künstlicher. Gerade die K.-o.-Spiele einer Fußballweltmeisterschaft sind modellhafte Situationen eines „die oder wir“ in Reinform, in denen es darauf ankommt, im Kampf genau den Gemeinsinn zu entwickeln, der den Gegner aus dem weiteren Wettbewerb eliminiert.

Die Welt ist kein Fußball, aber wenn man sie schon dazu macht, dann doch bitte richtig: Das angebliche Gegenmodell des Gemeinsinns nach innen und der dazu gehörigen Vernichtungskonkurrenz nach außen, wenn man es denn wie von Feddersen nahe gelegt auf die Gesellschaft überträgt, würde bedeuten: um des gemeinsam Ziels willen Mannschaftsgeist entwickeln, also die Arschbacken zusammenkneifen, auf Lohn verzichten, um die Lohnstückkosten zu verringern usw., damit wir in der Konkurrenz innerhalb Europas aber insbesondere mit China und Indien bestehen können. Also genau das, was von Rot-Grün bis Schwarz-Gelb in Deutschland Regierungspolitik ist, bekanntlich nicht ganz erfolglos, Vizeexportweltmeister sind wir immerhin noch. Die jubelnde Angela Merkel war auf der Tribüne in Kapstadt insofern genau richtig platziert.

CLAUS PETER ORTLIEB, Hamburg