Sparen ist möglich

GESUNDHEIT Die Wirtschaftskrise ist nicht allein schuld an steigenden Kosten – es gibt Einsparpotenziale

Die Koalition hat sich auf höhere Kassenbeiträge geeinigt, um das Defizit der Krankenkassen auszugleichen. Woher dieses kommt, ist nach den Worten des stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Fuchs, schnell erklärt: Die Menschen werden älter, die Medizin moderner, das könne man nicht allein durch Einsparungen auffangen, sagte er gestern MDR Info. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn pflichtete ihm via N24 bei; man müsse den Menschen ehrlich sagen, es werde teurer.

Sind steigende Kosten im Gesundheitswesen also ein Naturgesetz? In Zahlen ausgedrückt ist die Sache zunächst simpel: Im ersten Quartal 2010 stiegen die Ausgaben je versicherter Person im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozent, die Einnahmen jedoch lediglich um 2,8 Prozent – das Geld kam aber zum größten Teil aus einem höheren Bundeszuschuss infolge der Wirtschaftskrise. Wie viel Geld durch die Krise in Euro und Cent fehlen, lässt sich schwer beziffern. Experten wie der Bremer Gesundheitsökonom Gerd Glaeske weisen jedoch darauf hin, dass auf der Ausgabenseite nicht gekürzt wird. „Es gibt Experten, die sagen, wir haben etwa 10 Prozent Luft in diesem System, wo Einsparungen möglich sind. Das wären über 10 Milliarden Euro“, sagte er. Insgesamt lasse die Politik die Anbieter „eigentlich relativ in Ruhe, während auf der Versichertenseite Geld kassiert wird“.

Gründe für höhere Ausgaben sind etwa die Tarifabschlüsse für Krankenhäuser und Honorarsteigerungen bei niedergelassenen Ärzten. Ein weiterer großer Block sind steigende Ausgaben für Arzneimittel: Hier liege das Problem in seit Jahren überproportional steigenden Ausgaben bei patentgeschützten Medikamenten, die oftmals geringen therapeutischen Zusatznutzen haben, sagt das Bundesgesundheitsministerium – eine Diskussion, die in Deutschland schon seit Jahren geführt wird. Das Krankengeld schlug mit einem Plus von 9,8 Prozent ebenfalls stark zu Buche – hier gibt es seitens des Ministeriums noch keine Vorschläge für Einsparungen.

„Mit dem Skalpell angetreten, mit der Axt operiert“, lästerte der Vorsitzende des Hartmannbundes, Kuno Winn, gestern über die sogenannte Reform. Ein wirklich nachhaltiger Strukturwandel sei nicht zu erkennen. INGO ARZT