Gefloppte Polizeiaktion

GEFAHRENGEBIET

Zum „Gefahrengebiet“ erklärte die Hamburger Polizeiführung am vergangenen Wochenende weite Teile der westlichen Stadt: Rund 80.000 Menschen in den Quartieren St. Pauli und Altona lebten von einem Tag auf den anderen im Ausnahmezustand: In einem solchen Gefahrengebiet sind der Polizei verdachtsunabhängige Personen-und Taschenkontrollen möglich, sie kann Platzverweise erteilen oder auch Menschen in Gewahrsam nehmen – und sei es, weil die betreffenden Personen wegen ihres Äußeren dem linken Spektrum zugeordnet werden.

Dieses Vorgehen begründeten der Leitende Polizeidirektor Peter Born und Vize-Polizeipräsident Reinhard Fallak mit einem Vorfall am 28. Dezember: 40 Vermummte sollen das deutschlandweit bekannte Polizeirevier Davidwache mit Steinen angegriffen haben und dabei einem Beamten den Kiefer zerschmettert. Von dieser Darstellung rückte die Polizei Anfang der Woche ab, nachdem der Rechtsanwalt Andreas Beuth ihr unter Berufung auf Zeugen „gezielte Desinformation“ vorgeworfen hatte. Die Polizei räumte ein, dass sich der Vorfall mit dem schwer verletzten Beamten in 200 Meter Entfernung zutrug.

Ende dieser Woche machte das Wort die Runde, die Polizeiführer – beide unter dem rechtspopulistischen Innensenator Ronald Schill aufgestiegen – hätten ohne die politische Führung gehandelt. Medienberichten zufolge war Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch umgangen und Innensenator Michael Neumann (SPD) vor vollendete Tatsachen gestellt worden.

Seit seiner Verhängung rief das Gefahrengebiet Protest hervor: Jeden Tag formierten sich „Stadtteilrundgänge“ mit hunderten Teilnehmern, die von der Polizei eingekesselt und aufgelöst wurden. Eine als Waffe beschlagnahmte Klobürste wurde zum Symbol des Protestes. Bis Donnerstag sprach 200 Aufenthaltsverbote aus und nahm 65 Personen in Gewahrsam. Am Freitag dann wurde das große Gefahrengebiet aufgehoben zugunsten von „Gefahreninseln“ rund um drei Polizeireviere. Auch diese aufzuheben fordern neben Anwohnern auch die FDP, Grüne und Linke in Stadtparlament.  KVA