Skandalöses Geburtstagsgeschenk

WELTNATURERBE Verlängerung der Ölförderung im Wattenmeer vor Schleswig-Holstein um weitere 30 Jahre stößt auf Kritik von Umweltschützern. Schwarz-gelbe Koalition in Kiel hatte einen Förderstopp abgelehnt

„Das Ökosystem des Wattenmeers bräuchte Jahrzehnte, um sich zu erholen“

HUBERT WEIGER, BUND

Umweltschützer haben wegen der Laufzeitverlängerung der Ölförderinsel Mittelplate im Wattenmeer vor der schleswig-holsteinischen Nordseeküste vor den Folgen einer Ölkatastrophe gewarnt. „Das Wattenmeer ist ein sehr empfindliches Ökosystem. Da darf nichts riskiert werden“, sagte der Vorsitzende der Naturschutzorganisation BUND, Hubert Weiger, am Dienstag in Kiel. Der Unfall im Golf von Mexiko müsse eine Warnung sein.

„Das Ökosystem des Wattenmeers bräuchte Jahrzehnte, um sich zu erholen.“ Viele Meeresbewohner und Seevögel würden qualvoll verenden. „Aber auch der Tourismus kann seine Werbekampagne dann einstampfen“, so Weiger.

Die Förderkonzession für die Ölplattform des Konzerns RWE/Dea war bis Ende 2011 befristet. Das zuständige Niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie hatte sie aber bereits Ende Mai um 30 Jahre bis 2041 verlängert. Offiziell bekanntgegeben wurde das jedoch nicht. Erst am Rande der Feiern zum ersten Jahrestag des Unesco-Weltnaturerbes Wattenmeer am 27. Juni kam diese Information eher zufällig ans Licht. Dieses „Geburtstagsgeschenk“ sei „skandalös“, kritisiert Weiger.

„Als Problem“ für das Weltnaturerbe hatte damals auch der Leiter des Wattenmeersekretariats in Wilhelmshaven, Jens Enemark, in einem taz-Interview die Ölförderung bezeichnet: „Eigentlich darf in einem Weltnaturerbe keine Ressourcennutzung stattfinden. Aber es gibt Rechtsansprüche. Deshalb wurde die Mittelplate aus dem Naturerbegebiet ausgeschnitten.“

Mittelplate ist die größte Ölförderanlage in Deutschland. Seit 1987 wurden 20 Millionen Tonnen gefördert, bis zu 35 Millionen Tonnen Öl werden im Wattboden noch vermutet.

Im schleswig-holsteinischen Landtag hatte die schwarz-gelbe Koalition Ende Mai die Forderung der Oppositionsfraktionen SPD, Grüne, Linke und SSW nach einem Förderstopp zurückgewiesen. „Die Förderung von Erdöl ist wichtiger Teil der Energieversorgung von Schleswig-Holstein“, sagte Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU).  (dpa/taz)