ROTE ERDE
: Autos und Frauen

vermisst die deutsche Fanmeile

ANDREAS RÜTTENAUER

Der aufgemotzte alte BMW dreht enge Kurven auf dem Parkplatz, auf dem an jedem zweiten Sonntag die illegalen Rennen stattfinden. Einer fixiert das Lenkrad und das Gaspedal, steigt aufs Dach und winkt dem Publikum zu, während das Auto weiter seine Kreise dreht.

Das wollte ich eigentlich sehen. Doch die Jungs aus dem Süden Johannesburgs, meine Freunde für die Zeit der WM, haben es nicht geschafft, einen Transport zu organisieren. Einer kennt zwar einen, der ein Auto hat, mit dem wir hätten mitfahren sollen, doch der ist erst am Tag zuvor von der Polizei erwischt worden, weil er ohne Licht unterwegs war. Das Licht geht immer noch nicht. Dabei wäre es gar nicht weit gewesen. „Gleich hinter der Halde da“, haben sie immer gesagt. Wir stehen rum und unterhalten uns. Einer kauft bei einem Straßenhändler eine einzelne Zigarette. Er zündet sie an, zieht zweimal, dann gibt er sie weiter. Die Zigarette macht die Runde. „Wir teilen alles“, erklärt mir einer. „This is Africa“. Das sagt also nicht nur Shakira.

Sie wollen mir wieder etwas beibringen, denke ich mir, als die Zigarette bei mir ankommt. „Sollen wir dir mal zeigen, wie wir in Afrika feiern können?“, fragt mich einer. Ein anderer winkt ab. Er hat Bilder aus Deutschland gesehen von jubelnden Menschen auf Fanmeilen. „Da können wir nicht mithalten“, sagt er. Die Jungs glauben mir nicht, dass es in meiner Heimat nicht immer so zugeht.

Wir schweigen. Die 0,75-Liter-Flasche Bier, die wir gekauft haben macht genauso die Runde wie die Zigarette. Frauen. Jetzt haben sie wieder ein Thema für mich. Jetzt soll wieder unter Kerlen geredet werden. Ob es denn stimme, werde ich gefragt, dass sich deutsche Frauen alle die Brüste vergrößern lassen. Die Titten! Das können sie nicht verstehen. Es komme bei einer Frau doch viel mehr auf den Arsch an. Der müsse schön rund sein. Sie sehen meinen Ring. „Er ist verheiratet“, sagte einer zu einem anderen. „Aber wir können es ihm doch wenigstens zeigen“, antwortet der.

Kurz darauf stehen wir auf dem stinkenden und durchlöcherten Teppich im Wohnzimmer eines heruntergekommenen Hauses. Fünf junge Frauen wackeln zu lauter Musik mit den Ärschen, die mir die Jungs zeigen wollten. Ein Baby schreit, kleine Buben rennen mit einem Ball durchs Zimmer. Ich höre irgendetwas von 50 Rand und Spaß haben.

Während meine Freunde mit den Mädchen zur Musik tanzen, gehe ich mit den Hurenkindern auf den zugemüllten Hof und spiele ein bisschen Fußball mit ihnen. „This is Africa“, denke ich mir und wünsche mich auf eine deutsche Fanmeile.