„Die Arbeitsverhältnisse werden prekärer“

GRIECHENLAND Die Banken sind die Einzigen, die von der Krise profitieren, sagt Gewerkschaftssekretär Zois Pepes. Die griechischen Bankangestellten sollten dagegen Entlassungen und Kürzungen hinnehmen

■ Zois Pepes ist gewählter Gewerkschaftssekretär im Generalsekretariat der griechischen Gewerkschaft der Bankangestellten OTOE.

INTERVIEW MARTIN KAUL

taz: Herr Pepes, wie beschreibt ein griechischer Banker die Krise, die Sie derzeit erleben?

Zois Pepes: Die Bankangestellten in Griechenland haben dieselben Probleme wie alle anderen Arbeiter auch. Die Arbeitsverhältnisse werden zunehmend prekärer, die Renten unsicherer und Arbeitsplätze abgebaut. Mit der jetzigen Staatskrise geht eine Zerstörung der griechischen Sozialsysteme einher.

Inwiefern trifft das die Bankangestellten?

Sie sind in doppelter Hinsicht betroffen. Erst waren es die Banken, die die Finanzkrise verursacht haben. Jetzt sind sie es, die ihren eigenen Angestellten das Geld wegnehmen. Die einzigen, die aus der Staatskrise profitieren, sind die Banken selbst.

Wenn es den Banken so gut geht, müssten Ihre Mitglieder doch am stärksten davon profitieren?

Das läge nahe, aber genau dies ist nicht der Fall. Bereits seit Beginn dieses Jahres wurden im Bankensektor rund 8 Prozent der Beschäftigten entlassen. Das waren nahezu sämtliche prekär Beschäftigten, vor allem Leiharbeiter. Rund 5.500 dieser Kollegen wurden schon auf die Straße gesetzt. Wir gehen davon aus, dass im kommenden Jahr rund 10 Prozent der Arbeitsplätze im Bankensektor bedroht sind. Trotz Staaten-, Wirtschafts- und Finanzkrise fanden die Banken in Griechenland noch immer einen Weg, ihre Profite zu erhöhen.

Das müssen Sie erklären.

Nur ein Beispiel: Die Europäische Zentralbank vergibt an die kommerziellen Banken Kredite mit einem Zinssatz von 1 Prozent. Diese geben die Kredite an den Staat mit einem Zinssatz von 6 Prozent weiter. Die Gewinnrate zahlt also die öffentliche Hand. Und weil es der so schlecht geht, werden die Sozialleistungen gedrückt.

Was tut Ihre Gewerkschaft dagegen?

Wir stehen bei den Sozialprotesten in der ersten Reihe und haben sehr aktiv an den Streiks in Griechenland mitgewirkt. Von den rund 60.000 griechischen Angestellten im Bankensektor – ob Kassierer, Putzfrauen, Informatiker oder Analysten – sind 55.000 bei uns organisiert. Wir waren am letzten Generalstreik am 5. Mai beteiligt, der einer der größten in den letzten 35 Jahren war, und mobilisieren derzeit zum Generalstreik am 8. Juli.

Bei dem Generalstreik am 5. Mai starben drei Angestellte nach einem Brandanschlag. Waren diese Angestellten auch Mitglieder Ihrer Gewerkschaft?

■  Am heutigen 8. Juli steht der nächste Generalstreik in Griechenland an. Umfangreiche Arbeitsniederlegungen sollen weite Teile des Landes lahmlegen. Auch die Gewerkschaft der Bankangestellten OTOE beteiligt sich. Am Donnerstag soll im Parlament ein neues Renten- und Pensionsgesetz gebilligt werden, mit dem das Rentenalter von 61,3 auf 65 Jahre erhöht werden soll. Für den 29. September hat der Europäische Gewerkschaftsbund zu europaweiten Demonstrationen aufgerufen.

Ja, das waren Sie.

Sie haben nach dem Vorfall auch den Arbeitgebern eine Mitschuld am Tod gegeben.

Die Sache hatte zwei zentrale Probleme: Eine Gruppe unverantwortlicher Leute, die glauben, dass sie mit Molotowcocktails etwas erreichen können. Wir können nicht ausschließen, dass es sich hier um gezielte Provokateure gehandelt haben könnte. Zweitens hat der Vorfall gezeigt, dass die Zustände in der Bank miserabel waren. Es gab keine Feuerlöscher und keinen Notausgang. Und besonders tragisch war, dass die Angestellten zu den wenigen zählten, die an diesem Tag nicht gestreikt haben.

Moment mal: Sie sagen, hätten die drei gestreikt, wären sie noch am Leben?

Nein, das sage ich nicht. Ich sage aber, dass es der massive Druck der Arbeitgeber war, weshalb sie an diesem Tag überhaupt in der Filiale waren. Es waren junge Kollegen, die Angst um ihren Job hatten. Von 120 Angestellten dieser Bank streikten an diesem Tag nur 37 nicht. Und sie waren leider darunter.