kati kratzt die kurve
: Bitte, bitte: Jetzt bloß nicht auf die Euphorismus-Bremse treten!

So eine Freude, es fehlen einem die Worte. Zum Glück ist Monica Lierhaus ein neues eingefallen, um die emotionale Lage zu erfassen: „Euphorismus“. Eine dankenswerte Steigerung des sehr ausgelutschten Begriffs Euphorie. Von schnöder Stimmung, die man schon als Grabbelware bezeichnen muss, ganz zu schweigen. Und man kann doch den letzten von Lehmann gehaltenen Elfmeter gar nicht oft genug sehen! Gütigst wird er alle paar Minuten wiederholt. Auch für die Nervenschwachen, die das Elfmeterschießen live nicht aushalten konnten.

Es ist nett, dass der Euphorismus die Schwachen nicht zurücklässt, wenngleich Feigheit keine Tugend ist. Und eigentlich das Privileg der anderen, wie man Sonnabend von Teammanager Bierhoff erfährt: „Die Welt hat wieder Angst vor der deutschen Mannschaft.“ Kerner ist selbstredend auch im nationalen Taumel, aber natürlich viel kuscheliger, man könnte auch sagen pubertärer, angelegentlich erwähnt er „schwarz-rot-goldene Unterhöschen“, die er auszuziehen gedenke, um für ein paar Minuten seiner Kernarbeit nachzugehen: also wenigstens halbwegs unerregt ein Spiel ohne deutsche Beteiligung anzumoderieren. Nebenbei interessiert ihn, „welche Form von Gänsehaut“ Jürgen Klopp am Vortag hatte. Wie üblich gibt es als Antwort eine freundliche Anekdote.

Und zudem zur Erholung von all den männlichen Selbsterkundungen auch Fußballspiele, zwar streckenweise eher zum Wegsehen, aber man kann ja nicht 24 Stunden am Tag euphoristisch sein. Bild.de findet das auch und pult an der Wunde der Keilereien nach dem Spiel der Deutschen gegen die Argentinier. Unter der alarmierenden Überschrift „Wird sogar ein Deutscher gesperrt?“ werden die Vorfälle noch einmal protokolliert. Fazit: Nein, wohl nicht. Glück gehabt, nicht dass jetzt einer rüde auf die Euphorismus-Bremse tritt!