Der radikale Biedermann

Das kommende Wochenende könnte das Wochenende des Udo Pastörs werden. In Saarbrücken richtet die NPD ihren Parteitag zur Europawahl 2014 aus. Und Pastörs, Fraktionschef der Neonazi-Partei in Mecklenburg-Vorpommern, hat ein Ziel: den ersten Listenplatz.

Am Freitagabend kürte der gut 40-köpfige NPD-Bundesvorstand Pastörs in Dresden schon mal zum Parteichef. „Einstimmig“, so ein Parteisprecher. Bis Herbst darf der 61-Jährige nun die NPD führen. Erst dann soll ein Parteitag über den Vorsitz befinden. Damit folgte der Vorstand dem Parteipräsidium, das Pastörs bereits im Dezember kommissarisch an die Spitze hob. Zuvor musste Vorgänger Holger Apfel hinschmeißen, weil er zwei junge Parteianhänger belästigt haben soll.

Pastörs, der gern in grünen Trachtenjacken auftritt, gilt vielen in der NPD nun als Hoffnungsträger – geschätzter als Apfel ist er schon lange. Seit 2006 führt er die NPD-Fraktion im Norden. In seinem Wohnort Lübtheen ist der Vater einer Tochter wegen seines „zuvorkommenden“ Auftretens anerkannt, in der Partei wegen seiner klaren Ansagen. „Kein Techniker“, erklärte er in einem Interview, habe ihm bis heute erklären können, „wie das mit den Gaskammern technisch funktioniert hat“. Politiker schimpfte er „Demokratiefratzen“, die „einer gerechten Strafe“ bedürften. Nicht überraschend finden sich im aktuellen NPD-Verbotsantrag auch Aussprüche von Pastörs.

Der NPD-Parteitag in Saarbrücken wird dennoch ein Gradmesser für dessen Hausmacht. Denn auch der frühere NPD-Chef Udo Voigt und Parteivize Karl Richter wollen den Europa-Spitzenplatz. In Saarbrücken wurde Pastörs schon einmal deutlich. Beim „politischen Aschermittwoch“ seiner Partei 2009 sprach er von einer „Judenrepublik“, nannte türkische Männer „Samenkanonen“ und empfahl, sich „mit Herz, Verstand“ und wenn nötig auch „mit der Hand“ zu wehren. Pastörs wurde dafür wegen Volksverhetzung verurteilt. Seine Fraktion führt Pastörs indes ohne nach außen dringende Skandale: auch dies ein Grund, warum ihm die Partei vertraut. Ein moderater Europawahlkampf aber ist mit ihm nicht zu erwarten. ANDREAS SPEIT