Biertrinken und Strippen bald Ländersache

Die Mutter aller Reformen? Mehr Macht für die Länder? Wo Nordrhein-Westfalen künftig mehr Kompetenzen hat

Bildung: Die Kompetenzen in dieser Frage waren bis zuletzt der größte Streitpunkt. Besonders die beschlossene alleinige Länderzuständigkeit für die Schulen, bei denen der Bund bisher durch Finanzförderung umstrittene Mitspracherechte beanspruchte, führte fast zum Scheitern der Reform. Auch die Unis sind künftig fast nur noch Ländersache. Ausnahme: Der Bund kann mit Zustimmung aller Teilstaaten eine begrenzte Mitwirkung an den Unis erreichen – etwa durch einen föderalen Hochschulpakt.

Umwelt: Das Land NRW kann zukünftig im Umweltrecht durch Landtagsbeschluss von Bundesregelungen abweichen. Im Naturschutzrecht könnten Bundesgesetze beispielsweise erst mit sechsmonatiger Verzögerung in Kraft treten, während der die Länder abweichende Regeln beschließen können.

Versammlungsrecht: Wann Demonstrationen in NRW verboten werden können, darüber soll das Land künftig allein entscheiden. Bisher beschloss der Bundestag darüber, wann die im Grundgesetz garantierte Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden kann.

Strafvollzug: Die Länder sollen künftig auch allein für die Haftanstalten zuständig sein. Experten fürchten, dass sich die Länder einen Wettbewerb um den billigsten Knast liefern, wenn aus Spargründen etwa die Zellenbelegung steigt.

Heimrecht: Auch die Zuständigkeit für die Unterbringung und Betreuung älterer Menschen in Heimen liegt demnächst allein bei den Ländern, trotz Bedenken, dass dadurch die Qualitätsstandards aufgeweicht werden könnten.

Beamte: In Zukunft sind die Länder für die Besoldung und Bezahlung der Beamten alleine zuständig. Vertreter kleiner und ostdeutscher Länder fürchten einen Wettbewerb um Spitzenbeamte, bei dem sie gegenüber den reicheren Ländern den Kürzeren ziehen. NRW gehörte stets zu den Vorreitern bei der Beamtenreform. Der damalige Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) hatte 2004 in der Föderalismuskommission für die Länder als Dienstherr ihrer Staatsbediensteten geworben, auch die schwarz-gelbe Koalition will den öffentlichen Dienst modernisieren.

„Lärm“ und Sonstiges: Um alle Fragen des „sozialen Lärms“ muss sich bald ebenfalls der Düsseldorfer Landtag kümmern. Darunter verstehen Politiker und Juristen die Geräuschkulissen von Biergärten, öffentlichen Veranstaltungen sowie Sport- und Freizeitlärm. Grundsätzlich in die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer fallen außerdem: Ladenschlussrecht, Gaststättenrecht, Spielhallen und Schaustellung von Personen (Varieté-, Kabarett-, Tanz- oder „Entkleidungsvorführungen“), Messen, Märkte, Grundstücksverkehr und Pachtwesen in der Landwirtschaft, Flurbereinigung, sowie das Presserecht. TEI