Bleiberecht für echte Hamburger

Mehr als 3.000 Kinder sind in Hamburg nur geduldet. Für sie fordert die GAL eine Zukunft ohne Abschiebung. Eine „generelle Lösung“ wünscht sich auch CDU-Fachsprecher Wolfhard Ploog

von KAIJA KUTTER

Einzelfälle von Kindern, die in Hamburg zur Schule gehen und plötzlich abgeschoben werden sollen, gehen immer wieder durch die Presse. „Doch es konnte uns keiner sagen, wie viele Familien insgesamt betroffen sind“, sagt die flüchtlingspolitische Sprecherin der GAL-Fraktion, Antje Möller. Dank einer Großen Anfrage erhielt sie Zahlen, die sie gestern erstmals veröffentlichte. Demnach leben in Hamburg 3.193 Kinder im unsicheren Status der Duldung. Jedes zweite von ihnen ist hier geboren, zwei von dreien leben schon länger als fünf Jahre in der Hansestadt.

„Diese Kinder wachsen hier auf. Sie sind Hamburgerinnen und Hamburger“, sagte Möller und forderte eine „Hamburger Bleiberechtsregelung“ für diese „eng umgrenzte Gruppe“. Dies sei laut Zuwanderungsgesetz möglich: Laut Paragraf 25 könne jeder Geduldete nach 18 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, was in Hamburg aber so nicht praktiziert wird. Besonders „in den Fokus nehmen“ würde die Grüne bei einem Bleiberecht jene Kinder, die schon länger als fünf Jahre hier leben, und deren Eltern – rund 4.100 Personen. Ingesamt leben 7.053 Eltern und Kinder nur mit Duldungen hier. Darunter sind allein 2.320 Menschen aus Afghanistan, denen Innensenator Udo Nagel erst vor einer Woche mit Abschiebung drohte.

Für eine lokale Bleiberechtsregelung spricht laut der GALierin die durchaus „positive Bilanz“ der Härtefallkommission. Diese vor einem Jahr als letzte Rettung eingerichtete Instanz aus drei Abgeordneten – Antje Möller für die GAL, Silke Vogt Deppe für die SPD und Wolfhard Ploog für die CDU – hatte über 51 Fälle zu entscheiden, in denen Kinder betroffen waren, und immerhin 41Mal zu Gunsten der Kinder entschieden. In Möllers Augen ist das ein Indiz dafür, dass Abschiebung von Kindern aus langjährig geduldeten Familien von Bürgerschaft und Öffentlichkeit ganz überwiegend als „unbegründbare Härte“ angesehen werde. Das spreche dringend für eine „allgemeine Regelung“.

Auch Wolfhard Ploog, der Fachsprecher für Eingaben in der CDU-Fraktion, sieht Handlungsbedarf. „Ich kann die Härtefallkommission nicht überbeanspruchen“, sagt er zur taz. Für eleganter hielte er es, „eine andere, generellere Lösung zu finden“, so wie dies vor einem Jahr für 40 bis 45 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge geschehen sei. Allerdings sei seine Fraktion noch „in der Diskussion“ und habe „keine abschließende Meinung“, so der Verwaltungsbeamte in der Innenbehörde.

Doch Innensenator Nagel, so ist im Rathaus zu vernehmen, möchte das ganze Thema am liebsten in den Spätherbst verschieben: dann reden die Innenminister über eine bundeseinheitliche Regelung. Eine für heute geplante öffentliche Sitzung des Eingabenausschusses (16 Uhr, Rathaus), bei der die Große Anfrage erörtert werden sollte, stand gestern auf der Kippe: Senator Nagel, hieß es, habe Terminschwierigkeiten.