Senegal wirft EU-Fischereiflotten raus

Die EU darf nicht mehr vor der Küste Senegals fischen, weil die Verhandlungen über ein Fischereiabkommen gescheitert sind. Die afrikanischen Fischer machen ihre europäischen Konkurrenten für die Krise ihres Wirtschaftssektors verantwortlich

VON DOMINIC JOHNSON

Die EU muss ihre Fischereiflotten aus den Gewässern Senegals abziehen. Das ist die Konsequenz aus dem Scheitern der jüngsten Runde der Verhandlungen über eine Erneuerung des Fischereiabkommens zwischen EU und Senegal. Es gestattete europäischen Fangflotten privilegierten Zugang zu den Fischgründen Senegals und denen der meisten anderen Länder Westafrikas. Wie Senegals Medien gestern berichteten, wurden die Gespräche am Freitag ergebnislos beendet. Als Konsequenz lief das geltende Fischereiabkommen in der Nacht zum vergangenen Samstag ersatzlos aus. Der für Fischerei zuständige EU-Generaldirektor César Deben erklärte in der senegalesischen Hauptstadt Dakar, dies bedeute unmittelbar den Abzug europäischer Fischkutter aus Senegals Gewässern.

In Senegal erwirtschaftet die Fischerei ein Drittel der Exporteinnahmen des Landes. In den letzten Monaten hat es mehrfach Protestaktionen senegalesischer Fischer gegen eine Neuauflage des EU-Abkommen gegeben, da die industrielle europäische Fischerei für die zunehmende Krise der einheimischen Kleinfischerei verantwortlich gemacht wird. Weil der Bevölkerung nur ein leergefischtes Meer bliebe, würde die EU-Fischereiflotte die illegale Emigration aus Westafrika in Richtung Europa fördern – so die Vorwürfe der Fischer. Sie nimmt häufig in Fischerdörfern ihren Ausgang. Senegalesische Fischer haben in jüngster Zeit Auswanderern ihre Boote zur Reise auf die Kanaren zur Verfügung gestellt.

Nach dem bisherigen Fischereiabkommen aus dem Jahr 2002, das eine Laufzeit von vier Jahren hatte und am 30. Juni abgelaufen ist, zahlte die EU Senegal jährlich 16 Millionen Euro für Fischereierlaubnis. Als Reaktion auf senegalesische Proteste hatte die EU für das neue Abkommen ab Juli 2006 angeboten, die Fangmengen um 60 Prozent zu reduzieren. Allerdings wollte die EU dafür auch entsprechend weniger Geld zahlen. Das lehne die senegalesische Seite jedoch ab, sagte EU-Generaldirektor Deben.

Senegals Minister für Seewirtschaft, Djibo Ka, versuchte, den Konflikt herunterzuspielen: „Solche Verhandlungen können Jahre dauern“, erklärte er. Für das Abkommen von 2002 seien neun Verhandlungsrunden nötig gewesen. Diesmal habe man erst zwei hinter sich gebracht. „Das ist doch kein Grund zur Aufregung“, so Djibo Ka.

„Es ist bedauerlich, dass von 22 afrikanischen Ländern, die mit der EU Fischereiabkommen geschlossen haben, bei Senegal und Mauretanien eine Neuauflage des Abkommens noch aussteht“, sagte EU-Generaldirektor Deben. Er warnte, durch das Auslaufen des Abkommens würden senegalesische Arbeiter auf europäischen Fischkuttern arbeitslos. Das drohte den Senegalesen aber schon eh: denn die EU will die bestehenden Quoten zur Beschäftigung von Arbeitern aus dem jeweiligen Land durch eine allgemeine Quote für Bürger sämtlicher ehemaliger europäischer Kolonien in Afrika, der Karibik und im Pazifik ersetzen.