Auszug aus Gröpelingen

Die Schulen im Bremer Westen gehen heute auf die Straße, weil die Bildungsbehörde den Förderunterricht für die Migrantenkinder streicht. Alles wird „ausgeglichen“, sagt das Ressort

von Jan Zier

Der Hilferuf der Grundschule am Halmerweg klingt drastisch: „Das Schreckgespenst der Ausschreitungen von Paris taucht in unseren Gedanken auf“, heißt es in einem Brief von Elternbeirat, Lehrerschaft und Schulleitung der Gröpelinger Schule. 30 Wochenstunden Förderunterricht sollen gestrichen werden, klagen sie. Obwohl die Schule am Halmerweg eine „Brennpunktschule“ ist. Die Bildungsbehörde wiegelt ab. Dennoch haben die Eltern für heute zu einem „Protest-Auszug“ aus Gröpelingen aufgerufen. Mit der Unterstützung anderer Schulen aus dem Stadtteil – die sich ebenfalls „von der Politik abgehängt“ fühlen.

Die Kürzungen betreffen nicht den regulären Unterricht für die rund 360 SchülerInnen. Aber die Lese-Intensivkurse, „die viele Kinder dringend brauchen“, wie das Kollegium sagt. Und die Deutschförderung. Und den muttersprachlichen Unterricht. Fast zwei Drittel aller Kinder am Halmerweg haben einen Migrationshintergrund, sagt Christina Pötter vom Elternbeirat, mehr als die Hälfte aller SchülerInnen hat einen ausländischen Pass. „Wir haben Angst, dass die Kinder auf der Strecke bleiben.“

2002 gab es nach offiziellen Angaben noch Geld für 61 Förderstunden, heute sind es nur noch 30. Doch damit nicht genug, klagen Eltern und Lehrer. Die Klassenstärken seien in den letzten Jahren ständig erhöht worden, auf heute 24. Anders als früher fallen bei dieser Zählung Kinder mit Migrationshintergrund nicht mehr stärker ins Gewicht als früher. Die Krankenvertretung wurde gekürzt – ganze Klassen müssen dann, in drei Gruppen aufgeteilt, in andere Klassen. Dort aber fehlt es nicht nur an zusätzlichen Lehrkräften – sondern schon an Tischen und Stühlen. „Dabei sprengt die Förderbedürftigkeit einzelner Schüler schon längst den Rahmen der Zumutbarkeit“, betonen Eltern wie Lehrer.

In der Bildungsbehörde zeigte man sich gestern verwundert ob des Vorstoßes aus Gröpelingen. Man könne die Vorwürfe „nicht ganz nachvollziehen“, sagte Ressortsprecher Rainer Gausepohl, schließlich habe man die fehlenden Stunden an anderer Stelle „voll ausgeglichen“. Wenn auch nicht unbedingt mit Lehrern – sondern etwa mit Lehramtsstudierenden, die selbst einen Migrationshintergrund haben (siehe nebenstehenden Kasten).

Die Schulleitung vom Halmerweg durfte sich gestern offiziell nicht äußern, hat den Eltern aber Unterstützung signalisiert. Und von einem angemessenen Ausgleich für die fehlenden Lehrerstunden will man hier auch nichts wissen. Die Unterstützung anderer Schulen aus dem Bremer Westen ist der Grundschule am Halmerweg bereits sicher. Unterschriftenaktionen sind gestartet. Und sowohl die Gesamtschule West als auch die Grundschulen am Pastorenweg und der Fischerhuder Straße wollen sich an dem heutigen Aktionstag beteiligen.

Treffpunkt: 9 Uhr – Schule am Halmerweg, 10 Uhr – Ohlenhofplatz