Alles nur Theaterdonner

Lange sah es so aus, als ob sich die große Koalition in Kiel über den Haushalt ernsthaft streiten würde. Nun ist der Rauch verflogen, und die Zahlen sind auf dem Tisch: Gespart wird an vielen Stellen, aber manche trifft es härter als andere

„Wenn wir noch härtere Einschnitte gemacht hätten, wäre es uns um die Ohren geflogen“, sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen über den Haushaltsplan des Landes für die beiden kommenden Jahre. Gestern beschloss Kabinett das Paket – offenkundig einhellig und „außerordentlich konstruktiv“, wie Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) sagte.

Seit Wochen berieten die Protagonisten beider Parteien die Details, mit teilweise heftigem Getöse, zwischendurch wurde sogar das Ende der Koalition prophezeit. Davon blieb nur Theaterdonner: An den seit Wochen bekannten Fakten hat sich nichts geändert. Gespart wird in den drei Bereichen Kommunen (120 Euro pro Haushaltsjahr), Landesbedienstete (100 Millionen) und Einzeletats der Ministerien (80 Millionen Euro). Die Neuverschuldung soll um 250 Millionen Euro sinken – der Haushalt bleibt aber in den tiefroten Zahlen und ist nicht verfassungsgemäß.

Bei der Umsetzung haben beide Seiten ein wenig nachgegeben: Die SPD hat inhaltliche Abstriche gemacht, die CDU weicht von der Zusage ab, die Einschnitte bei den Kommunen durch die Streichung kommunaler Aufgaben vollständig auszugleichen.

An ihren Schwerpunkten will die Regierung festhalten: Wirtschaft, Bildung und Beschäftigung. Auch die soziale Infrastruktur bleibe intakt. Dennoch wird es harte Einschnitte geben. So bleibt bei den Kommunen nach den bisherigen Zahlen ein Minus von 20 Millionen Euro, das aus dem Kommunalen Investitionsfonds gestopft werden soll. Innenminister Ralf Stegner (SPD) sagte: „Dass es die Kommunen hart trifft, stimmt. Dass das Land noch viel schlechter dran ist, stimmt auch. Und dass der Bürger alles aus seinen Steuern zahlt, stimmt ohnehin.“

„Wir können nicht sanieren, ohne jemanden zu treffen“, sagte Finanzminister Wiegard. Aber angesichts der Schuldenlage des Landes sei ein anderer Weg nicht möglich. Kritiker sehen allerdings einige Bereiche und Gruppen härter getroffen als andere: „Die große Koalition hat einen faulen Kompromiss geschlossen, der zu Lasten der Kommunen, der Familien mit Kindern und der Umwelt gehen wird“, kritisierte die Grünen-Landesvorsitzende Marlies Fritzen, nachdem am Sonntag erste Ergebnisse bekannt geworden waren. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft protestierte gegen Pläne, probeweise in einigen Kreisen weniger Personal in Kindergärten einzusetzen. Noch nicht bis in die Einzelheiten bekannt ist, wie die Ministerien die 80 Millionen Euro jährlich einsparen wollen. Es geht um freiwillige Leistungen der Häuser – beispielsweise Zuschüsse zu Vereinen und anderen Gruppen. Betroffen sei „eine unendliche Vielzahl von Dingen“, sagte Wiegard. Genannt wurden unter anderem 217.000 Euro weniger „Repräsentationsmittel Staatskanzlei“, aber auch 600.000 Euro weniger für das Freiwillige Ökologische Jahr. Stark betroffen sind Frauenberatungsstellen. Dazu passt, dass Kommunen, die eigentlich eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte einstellen müssten, sich bis 2010 mit Ehrenamtlerinnen behelfen dürfen.

ESTHER GEISSLINGER