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Archiv-Artikel

Kernspaltung zwischen Kiel und Berlin

ATOMKRAFTWERKE Schleswig-Holsteins Atomaufsicht verlässt eine Bund-Länder-Kommission, die über Laufzeitverlängerungen berät. Dort würden alle AKWs fälschlich als weitgehend gleich sicher dargestellt

Nach Ansicht der Atomaufsicht genügt es nicht, ältere Reaktoren zu modernisieren

Schleswig-Holstein und das CDU-geführte Bundesumweltministerium streiten über Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke. Das schwarz-gelb regierte Bundesland hat nach einem Bericht des Spiegels die Teilnahme an einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe gekündigt, in der seit Jahresbeginn darüber beraten wird, wie die Reaktoren im Falle längerer Laufzeiten nachgerüstet werden sollen.

Dort würden lediglich „Einzelmaßnahmen auf einem kleinsten gemeinsamen Nenner“ diskutiert und alle Anlagen als weitgehend gleich sicher dargestellt, heißt es in einem Brief der Atomaufsicht im Kieler Justizministerium. „Dies ist eine Wertung, die sicherheitstechnisch so nicht zutreffend ist“, kritisieren die Kieler. Schleswig-Holsteins Regierungssprecher Knut Peters bestätigte das Schreiben.

Eine Studie, die am Freitag in Berlin vorgestellt worden ist, unterstützt die schleswig-holsteinische Haltung. Danach sind die deutschen Atomkraftwerke aus technischer Sicht umso unsicherer, je älter sie sind. Zu den älteren Reaktoren gehören neben sechs süddeutschen Atomkraftwerken auch die Siedewasserreaktoren Brunsbüttel und Krümmel in Schleswig-Holstein. Die beiden stehen nach mehreren Pannen seit drei Jahren für Reparaturarbeiten still.

Bei diesen Kraftwerken „sei die altersbedingte Fehlerrate wesentlich höher“ ermittelte der ehemalige Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium, Wolfgang Renneberg, in seinem Gutachten im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen.

Nach Ansicht der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht genügt es nicht, ältere Reaktoren zu modernisieren. Das AKW Brokdorf solle nicht ohne umfangreiche Nachrüstungen weiterlaufen dürfen. Diese möchte die Atomaufsicht durchsetzen, falls die Bundesregierung dem 24 Jahre alten Reaktor zusätzliche Laufzeit zubilligen sollte. Nach dem geltenden Atomkonsens soll das Atomkraftwerk 2018 stillgelegt werden. SVEN-MICHAEL VEIT